Wie lernen Schüler*innen Probleme im digitalen Raum zu lösen? Wie kann das Lernen in digitalen Umgebungen beobachtet und eingeschätzt werden? Wie werden Kernkompetenzen des digitalen Lernens effektiv unterstützt? Um diese und weitere Fragen zu beantworten, haben innovative Ansätze zur diagnostischen Nutzung von Verhaltensdaten aus digitalen Lern- und Assessment-Umgebungen ein hohes Potenzial. Das zentrale Ziel der vorauslaufenden Begleitforschung zur innovativen Domäne in PISA 2025 „Learning in the Digital World“ (LDW) ist die Entwicklung und empirische Erprobung solcher Ansätze.
Als innovative PISA-Domäne sollen zwei Kompetenzbereiche erfasst werden, die gerade in digitalen Lernkontexten von Bedeutung sind: Zum einen geht es um die Kompetenz, mit Hilfe digitaler Werkzeuge komplexe Systeme zu modellieren und algorithmische Probleme zu lösen. Dabei durchlaufen die Schüler*innen einen Prozess des selbstgesteuerten Lernens und „lernen“ dabei, wie sie die Problemstellungen lösen können. Zum anderen soll die Fähigkeit der Schüler*innen zur Selbstregulation dieses Lernprozesses erfasst werden. Damit ist gemeint, wie sie diesen Prozess in (meta-)kognitiver, behavioraler, motivationaler und affektiver Hinsicht überwachen, steuern und anpassen. Dafür sollen auch Verhaltensdaten aus der Bearbeitung der Aufgaben genutzt werden – diese werden gewonnen, indem den Schüler*innen am Computer in einer simulierten und interaktiven Lernumgebung komplexe Problemstellungen vorgestellt werden. Die Schüler*innen erarbeiten sich schrittweise Lösungen – unter Nutzung der in der Lernumgebung angebotenen Lernaufgaben, Lernmaterialien und Hilfen. Wie sie das bewerkstelligen und wie erfolgreich sie das tun, ist Gegenstand der Messung.
Beispielsweise sollen Schüler*innen in einer Lerneinheit durch Kombinieren von Befehlen, die als Blöcke zur Auswahl stehen, ein Programm erstellen, um damit eine Spielfigur zu steuern (s. Schildkröte in Abb. 1). Die Spielfigur soll etwa dazu gebracht werden, ein Objekt einzusammeln und sich dann zur Zielposition zu bewegen. Dabei können die Schüler*innen ihre programmierte Lösung immer wieder mithilfe einer Testmöglichkeit selbst überprüfen, unterstützendes Feedback erhalten und unter Nutzung von Lernmaterialien weiter verbessern.
Abb. 1. Screenshot einer Beispielaufgabe (Schildkröte dressieren) im Stil der LDW-Lerneinheiten
Die aus den Verhaltensdaten gewonnenen Indikatoren zur Erfassung der Kompetenzbereiche sollen dahingehend überprüft werden, ob die von ihnen abgebildeten individuellen Unterschiede im Sinne der fraglichen Konstrukte interpretierbar sind (Konstruktvalidierung). Dazu wird etwa im Hinblick auf LDW-Problemlösekompetenz in Anlehnung an das Angebots-Nutzungs-Modells die Zusammenhangsstruktur zwischen Lernpotenzialen bzw. Lernaktivitäten einerseits und LDW-Problemlösekompetenz andererseits untersucht (nomologisches Netzwerk). Lernpotenziale beziehen u.a. schlussfolgerndes Denken, Vorkenntnisse, Selbstwirksamkeit und Lernmotivation ein, Lernaktivitäten die Aktivitäten in der LDW-Lerneinheit sowie vorausgehende Lerngelegenheiten im (außer)schulischen Bereich.
Im Rahmen des Forschungsprojektes werden somit (selbst-regulierte) Lernprozesse in digitalen Umgebungen empirisch zugänglich gemacht und der Einfluss von individuellen Voraussetzungen auf die Lern- und Problemlösungsprozesse als auch deren Wirkungen auf den Lernerfolg untersucht. Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse tragen zu einem besseren Verständnis von Lernprozessen und wie sie in digitalen Lernumgebungen diagnostiziert werden können bei.
Projektziele
- Entwicklung von Indikatoren zur Erfassung der LDW-Konstruktbereiche
- Validierung der Testwertinterpretationen
- Erforschung von Lernprozessen in interaktiven Lernumgebungen