BPF 2023 – Außerschulische und informelle Lernorte für Kinder und Jugendliche

Das Bildungspolitische Forum 2023 fand am Dienstag, 26. September 2023 in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg, Tiergartenstraße 15, Berlin als Präsenzveranstaltung statt.

Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Jan-Martin Wiarda.

Im Rahmen der Bildungsdialoge kooperierten wir auch in diesem Jahr wieder mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Dieser – sowie weitere ausgewählte Programmteile – wurden als Livestream übertragen.

Inhaltlich verantwortliche Mitglieder des Leibniz-Forschungsnetzwerks Bildungspotenziale (LERN):

IWM | Leibniz-Institut für Wissensmedien
Kompetenzzentrum Bildung im Museum
TUM | Technische Universität München
ZAS | Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft

ab 09:00 Uhr
Anmeldung

09:30 Uhr
Begrüßung durch das Netzwerk

Prof. Dr. Marcus Hasselhorn
DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation & Vorsitzender der Sprecher*innengruppe des Leibniz-Forschungsnetzwerks Bildungspotenziale (LERN)

09:40 Uhr
Grußworte der Politik

Prof. Dr. Sabine Döring
Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

und

Katharina Günther-Wünsch
Senatorin für Bildung, Jugend und Familie des Landes Berlin & Präsidentin der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK)

09:55 Uhr
Einführung in das Thema

Prof. Dr. Ulrike Cress
IWM | Leibniz-Institut für Wissensmedien, Direktorin

10:10 Uhr
Keynote I

Erfahren, Erkunden, Experimentieren – Außerschulische und informelle Lernorte der vierten Generation

Prof. Dr. Stephan Schwan
IWM | Leibniz-Institut für Wissensmedien, stellv. Direktor

10:40 Uhr – Kaffeepause

11:00 Uhr – Parallele Foren I und II

FORUM I

LERNEN

Dieses Forum bietet eine übergreifende Einführung in die informelle Bildungsforschung und -praxis und beleuchtet Schnittstellen zwischen außerschulischer und schulischer Bildung. 

Prof. Dr. Peter Gerjets
IWM | Leibniz-Institut für Wissensmedien

Prof. Dr. Vanessa Reinwand-Weiss
Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel e.V.

Prof. Dr. Felicitas Macgilchrist
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Leitung: Prof. Dr. Doris Lewalter
TU München & ZIB | Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien


FORUM II

AUFWACHSEN

In diesem Forum werden Befunde aus der frühen Bildung mit besonderem Fokus auf familiären Lernumwelten und deren Rolle im Spracherwerb von Kindern dargestellt. Ein weiterer Schwerpunkt wird auf der Leseförderung liegen, und insbesondere auf der Rolle, die die Eltern hierbei spielen.

Prof. Dr. Natalia Gagarina
ZAS | Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft, stellv. Direktorin & Humboldt-Universität zu Berlin

gemeinsam mit

Dr. Annkathrin Darsow
Zentrum für Sprachbildung Berlin (ZeS), Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie

und

Martina Reynders
Zentrum für Sprachbildung Berlin (ZeS), Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, Leitung

Prof. Dr. Ilka Wolter
LIfBi | Leibniz-Institut für Bildungsverläufe & Otto-Friedrich-Universität Bamberg

gemeinsam mit

Prof. Dr. Cordula Artelt
LIfBi | Leibniz-Institut für Bildungsverläufe, Direktorin & Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Leitung: Prof. Dr. Natalia Gagarina
ZAS | Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft, stellv. Direktorin & Humboldt-Universität zu Berlin

12:15 Uhr – Mittagspause

13:15 Uhr

Keynote II

Barrieren brechen: Das Konzept Lernökologie kann schulische und informelle Lernorte verbinden

Prof. Dr. Martin Storksdieck
Oregon State University | STEM Research Center, Direktor


13:45 Uhr – Parallele Foren III, IV & V

FORUM III

AUSTAUSCHEN / PARTIZIPIEREN / TEILHABEN

In diesem Forum geht es um Orte, bei denen der Fokus auf Begegnung, Dialog und dem Lernen durch Austausch liegt.

Prof. Dr. Bernhard Misof
LIB | Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels, Generaldirektor & Zoologisches ForschungsmuseumsAlexander Koenig in Bonn, Direktor

Dr. Lorenz Kampschulte
Deutsches Museum

Prof. Dr. Mirijam Wenzel
Jüdisches Museum Frankfurt, Direktorin & Goethe-Universität Frankfurt am Main

Leitung: Prof. Dr. Alexandra Busch
LEIZA | Leibniz-Zentrum für Archäologie, Direktorin & Kompetenzzentrum Bildung im Museum

gemeinsam mit

Dr. Lorenz Kampschulte
Deutsches Museum


FORUM IV

MACHEN / ERKUNDEN / FORSCHEN

In diesem Forum liegt der Fokus auf Schülerlaboren und Schülerforschungszentren. Das sind Orte, an denen Kinder und Jugendliche selbst Sachverhalte erkunden und erforschen können.  

Dr. Carolin Enzingmüller
IPN | Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Prof. Dr. Katrin Sommer
Ruhr-Universität Bochum

Jörg Triebel
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport,
Referat 37

Dr. Jörg Maxton-Küchenmeister
Joachim Herz Stiftung, Hamburg

Leitung: Dr. Carolin Enzingmüller
IPN | Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

gemeinsam mit

Prof. Dr. Katrin Sommer
Ruhr-Universität Bochum


FORUM V

ERFAHREN

In diesem Forum geht es um Orte, die Geschichte erfahrbar machen, wie zum Beispiel Gedenkstätten und um Zugänge zum historischen Lernen, die darauf beruhen, dass sich Besuchende in eine historische Situation hineinversetzen.

Dr. Tobias Ebbrecht-Hartmann
Hebräische Universität Jerusalem

Prof. Dr. Christian Kuchler
Universität Augsburg

Arne Pannen
Gedenkstätte Sachsenhausen

Leitung: Prof. Dr. Stephan Schwan
IWM | Leibniz-Institut für Wissensmedien

15:00 Uhr – Kaffeepause

15:30 Uhr
BILDUNGSDIALOG

Welche Potenziale bieten außerschulische Lernorte? Welche Herausforderungen bestehen?

MinDir Dr. Thomas Greiner
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Stefanie Remlinger
Bezirksbürgermeisterin Berlin

Prof. Dr. Martin Storksdieck
Oregon State University | STEM Research Center, Direktor

Prof. Dr. Doris Lewalter
TU München & ZIB | Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien

Jacob Chammon
Geschäftsführer Deutsche Telekom Stiftung

ab 16:30-16:45 Uhr – Abschluss

Die Teilnehmenden vor Ort haben ganztätig die Möglichkeit, folgende Interaktionspunkte zu in der Landesvertretung Baden-Württemberg besuchen:

Lernzentrum Sprache – Grammatik interaktiv und systematisch
IDS | Leibniz-Institut für Deutsche Sprache

Mathematik zum Anhören – der LEGO-Tisch
IWM | Leibniz-Institut für Wissensmedien

Outreach durch Bildungsökosystementwicklung
IPN | Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Außerschulische Lernorte: Testen Sie Ihr Wissen über das Nationale Bildungspanel!
Daten und Ergebnisse des NEPS am Leibniz-Institut für Bildungsverläufe
LIfBi | Leibniz-Institut für Bildungsverläufe

Keynote I
Erfahren, Erkunden, Experimentieren – Außerschulische und informelle Lernorte der vierten Generation

Prof. Dr. Stephan Schwan
IWM | Leibniz-Institut für Wissensmedien

Kinder und Jugendlichen steht heutzutage ein breites Bildungsangebot außerhalb des Klassenzimmers zur Verfügung – die Palette reicht von historischen Ausstellungen, Naturkundemuseen, Science Centern und Gedenkstätten bis zu Schülerlaboren und Maker Spaces. Mit ihren interessegesteuerten, erkundenden und spielerisch-unterhaltsamen Lernformen bieten sie eine hervorragende Ergänzung zum Klassenunterricht. Zudem können sie einen nachhaltigen Beitrag zur Sensibilisierung von Jugendlichen für aktuelle wissenschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen (z.B. Klimawandel, Künstliche Intelligenz, Demokratieverständnis) und für deren Themen- und Berufsorientierung leisten.

Um diese Potenziale informeller Lernorte zukünftig noch besser auszuschöpfen, gilt es, drei zentrale Fragen zu beantworten: Wie kann eine noch stärkere Verknüpfung schulischen und außerschulischen Lernens gelingen? Wie können Angebote entwickelt werden, die auch bildungsferne Jugendliche ansprechen? Wie kann das Interesse an informellen Lernorten auch in der Freizeit und im späteren Lebensalter aufrechterhalten werden?

Hierbei spielen innovative Medien eine wichtige Rolle. Sie erweitern das Spektrum von Vermittlungsformen vor Ort, indem beispielsweise Schüler*innen ihr eigenes Smartphone für ausstellungsbegleitende Spielanwendungen nutzen oder durch Augmented Reality anschauliche digitale Zusatzinformationen erleben. Sie können durch ihre technologische Attraktivität (Erleben immersiver Welten, Steuerung eines Roboters, Entwurf eines 3D-Drucks) informelle Lernorte auch für Jugendliche interessant machen, die wenig “museumsaffin” sind. Und sie erlauben durch ihre Aufzeichnungs- und Übertragungsmöglichkeiten eine engere Verknüpfung von Schulunterricht und außerschulischen Lernorten.

Zur Beantwortung dieser Fragen ist eine evidenzbasierte empirische Bildungsforschung zu Prozessen und Wirkmechanismen informeller Lernformen unabdingbar.

Keynote II
Barrieren brechen: Das Konzept Lernökologie kann schulische und informelle Lernorte verbinden

Prof. Dr. Martin Storksdieck
Oregon State University | STEM Research Center, Direktor

Im Bildungssektor unterscheiden wir scharf zwischen der schulischen und der außerschulischen Bildung, und wenn es um Lernerfolg geht, dann wird dieser fast ausschließlich in der Schule verortet, zum Teil auch weil es in Deutschland eine Schul- statt eine Bildungspflicht gibt – aus durchaus guten Gründen. Allerdings sorgt diese Gleichsetzung von Bildung, Lernen und Schule dafür, dass wir Lernen nicht als lebenslanges und in alle Bereiche unseres Lebens eingebundene immerwährende Aktivität verstehen, und wir damit erhebliche Potentiale für Lernen unterschätzen. Im US-Amerikanischen Bildungsdiskurs ist in den letzten Jahren das Konzept der Lernökologie in den Vordergrund getreten. In Anlehnung an Urie Bronfenbrenners ökosytemischen Ansatz menschlicher Entwicklung verortet das Konzept der Lernökologie (Engl.: learning ecosystems oder learning ecologies) Lernen in allen Bereichen des Lebens, und sieht diese Bereiche als geografisch und zeitlich verbunden; nicht weil es so sein soll, sondern weil es so ist. In diesem Vortrag wird das Modell der Lernökologie vorgestellt, kritisch bewertet, und mit einer Vorstellung von Lernen verbunden, die Wissen, Können und Emotionen integriert. Anhand von konkreten Beispielen wird erörtert, wie eine solcher Ansatz zu besserer Integration von schulischen and außerschulischen Bildungsangeboten führen kann. Es wird anhand von Beispielen aus der US-Amerikanischen und der deutschen Bildungslandschaft aufgezeigt, dass es neuer Institutionen bedarf, um die Potentiale eines integrativen Bildungsansatzes voll auszuschöpfen.

Forum I – LERNEN

Leitung: Prof. Dr. Doris Lewalter
TU München & ZIB | Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien


Von Ökosystemen und Komplizen: Lernen an der Schnittstelle von außerschulischer und schulischer Bildung

Prof. Dr. Felicitas Macgilchrist
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Außer dem Bildungsort Schule gibt es eine Vielfalt an weiteren Lernorten, an denen Kinder und Jugendliche lernen, Kompetenzen ausbilden und Erfahrungen sammeln. Zunehmend streben Schulen und außerschulische Lernorte – wie Museen, künstlerische Einrichtungen, historischen Bildungsorte, Makerspaces, FabLabs, Digital Labs und Co – eine engere Kooperation an. Doch die strukturellen Bedingungen von Schulen und außerschulischen Lernorten ermöglichen nicht nur große Potenziale, sondern generieren auch Herausforderungen für alle beteiligten Akteur*innen in der konkreten Zusammenarbeit.

Welche Unterschiede zwischen ‚Schulen‘ und ‚außerschulischen Lernorten‘ erscheinen in der Praxis? Wie ähneln und unterscheiden sich die Lernkulturen, institutionellen Logiken und technischen Möglichkeiten? Was sind die ‚Gelingensbedingungen‘ einer erfolgreichen Kooperation, die das Lernen unterstützt? Wie können diese Gelingensbedingungen erfolgreich gefördert werden? Basierend auf empirischen Forschungsergebnissen werden erste Antworten auf diese Fragen im Vortrag vorgestellt. Der Schwerpunkt liegt auf (post-) digitaler Bildung. Der Beitrag schließt mit Implikationen für die Zukunft von Lernen an der Schnittstelle von außerschulischer und schulischer Bildung.


Non-formales und informelles Lernen – Erkenntnisse, Praxis und Potenziale am Beispiel der Kulturellen Bildung

Prof. Dr. Vanessa Reinwand-Weiss
Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel e.V.

Non-formales und informelles Lernen kennzeichnet vor allem, dass es sich einem gesellschaftlich zertifizierten und sanktionierten Lernen in formalen Bildungseinrichtungen entzieht und daher nicht nur andere Lernfelder, sondern auch andere Lerninhalte, -ziele und -methoden beinhaltet. Während non-formales Lernen in Einrichtungen wie Musik oder Tanzschulen, Volkshochschulen, Sport- und anderen Vereinen oder Medienzentren, aber auch beruflichen Einrichtungen pädagogisch organisiert stattfindet, bezeichnet informelles Lernen Aneignungsprozesse, die weitestgehend selbstgesteuert oder gar beiläufig ablaufen. Der Beitrag erläutert vor allem am Beispiel der ästhetischen und kulturellen Bildung, wie sich non-formales und informelles Lernen von Lernkontexten in formalen Strukturen wie der Schule abgrenzen und welche Ziele und Methoden damit verbunden sind. Es wird ein Blick in die Praxis des non-formalen und informellen Lernens in der Kulturellen Bildung geworfen und dargelegt, warum non-formale und informelle Formen des Lernens so bedeutsam sind für mehr Bildungsgerechtigkeit und gesellschaftliche Teilhabe. Der Ausblick macht deutlich, dass in der pädagogischen Weiterentwicklung und Ausgestaltung von Ganztageskonzepten ein großes Potenzial der Verbindung von formalem und informellem Lernen liegen könnte.


Innovative und evidenzbasierte Gestaltung von Vermittlungsformaten in Museen und Ausstellungen: Mit instruktionspsychologischen Ansätzen informelle Lernprozesse fördern

Prof. Dr. Peter Gerjets
IWM | Leibniz-Institut für Wissensmedien

Die meisten instruktionspsychologischen Modelle und Methoden der erfolgreichen Gestaltung von Lernsituationen sind im Kontext formeller (z. B. schulischer) Settings entwickelt worden.  Informelle Lernsituationen (z. B. in Museen und Ausstellungen) weisen demgegenüber einige einzigartige Merkmale auf, wie z. B. das Ausmaß der Heterogenität von Besuchenden, die Fokussierung auf authentische Objekte und Orte oder die Bewegung von Besuchenden in einem inszenierten Raum. Auch werden in größerem Umfang Strategien einer unterhaltsamen, Neugier weckenden Wissensvermittlung genutzt, beispielweise durch narrative oder personalisierte Elemente. Ungeachtet dieser Unterschiede teilen Museen und Ausstellungen aber auch viele Merkmale formaler Lernsituationen. So konzentrieren sie sich auf wissenschaftliche Evidenz und Argumentation und nutzen ein breites Spektrum an verschiedenen Medien, welche von Texten und Illustrationen bis hin zu physischen Modellen reichen. Basierend auf diesen Übereinstimmungen und der Grundannahme, dass menschliches Lernen und Verstehen in verschiedensten Kontexten auf einem gemeinsamen Satz psychologischer Prozessen beruht, welche sowohl für formale als auch für informelle Lernsituationen zentral sind, explorieren wir, ob und wie etablierte instruktionspsychologische Modelle mit ihren Annahmen über die für Lern- und Verstehensprozesse zentralen kognitiven und motivationalen Elemente so adaptiert werden können, dass sie auch auf informelle Lernszenarien in Museen und Ausstellungen anwendbar sind, um Vermittlungsformate zu gestalten, die sowohl innovativ als auch evidenzbasiert im Hinblick auf die Förderung bestimmter Lernprozesse sind. Im Beitrag wird dieser Ansatz an konkreten Beispielen illustriert.

Forum II – AUFWACHSEN

Leitung: Prof. Dr. Natalia Gagarina
ZAS | Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft & Humboldt-Universität zu Berlin


Überblick und Befunde zu außerschulischen Lernorten und zum informellen Lernen aus dem Nationalen Bildungspanel

Prof. Dr. Ilka Wolter
LIfBi | Leibniz-Institut für Bildungsverläufe & Otto-Friedrich-Universität Bamberg

gemeinsam mit

Prof. Dr. Cordula Artelt
LIfBi | Leibniz-Institut für Bildungsverläufe, Direktorin & Otto-Friedrich-Universität Bamberg

In dem Vortrag soll die Relevanz von außerschulischen Lernumwelten anhand der Daten der vorschulischen und schulischen Kohorten des Nationalen Bildungspanels beleuchtet werden. Es werden außerschulische Lernumwelten und die Zusammenhänge des informellen Lernens auf die Kompetenzentwicklung von der frühen Kindheit bis in das Jugendalter hinein betrachtet. Es werden Befunde aus der frühen Bildung mit besonderem Fokus auf familiäre Lernumwelten und deren Rolle im Spracherwerb von Kindern dargestellt. Zudem wird die Relevanz außerschulischer Aktivitäten und informeller Lerngelegenheiten in der mittleren Kindheit und Jugend in den Blick genommen und vor dem Hintergrund von Bildungsungleichheiten diskutiert.


Wissenschaft und Praxis im Austausch: Erkenntnisse aus der Forschung für die Elternkooperation zur Leseförderung nutzen

Prof. Dr. Natalia Gagarina
ZAS | Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft & Humboldt-Universität zu Berlin

gemeinsam mit

Dr. Annkathrin Darsow
Zentrum für Sprachbildung Berlin (ZeS), Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie

und

Martina Reynders
Zentrum für Sprachbildung Berlin (ZeS), Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie

Wie können Förderbedarfe zur Leseförderung gezielter erfasst und daraus entsprechende Fördermaßnahmen abgeleitet werden? Dazu werden zunächst Ergebnisse aus Langzeitstudien des Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) zum Einfluss verschiedener Faktoren auf die mehrsprachige Sprachentwicklung vorgestellt und in den Kontext verschiedener Bildungsorte eingebettet. Die Faktoren, phonologische Bewusstheit (= bewusste Manipulation von phonetischen Sprachelementen) und Lexikon (= Wortschatz) werden hier im Besonderen betrachtet. Die Ergebnisse der BIVEM-Studie weisen auf divergierende Prädiktoren hin. So ist z.B. ein früher Spracherwerbsbeginn entscheidend für die Wortschatzgröße, welches wiederum ein Prädiktor für die spätere Lesekompetenz darstellt (Czapka et al., 2023; Gagarina et al., 2021). Aus den Erkenntnissen der BiVEM-Langzeitstudie können Unterstützungsangebote für die Lebensrealitäten der gesamten Schüler*innenschaft (einsprachig und mehrsprachig aufwachsend) abgeleitet und diskutiert werden:

Für die Leseförderung sind z. B. Eltern ein wichtiger Partner der Schule, insbesondere in der Schulanfangsphase. Wie Schule Eltern als Kooperationspartner gewinnen kann, um den Prozess der Leseförderung zu Hause angemessen zu unterstützen und Partizipationsmöglichkeiten in der Schule zu schaffen, wird im Vortrag erläutert. Die Unterstützungsangebote des Zentrums für Sprachbildung (ZeS) werden vorgestellt und exemplarisch wird näher auf das Berliner Bücherkofferprogramm inkl. erster Evaluationsergebnisse eingegangen. Beim Berliner Bücherkofferprogramm nehmen Kinder der Schulanfangsphase abwechselnd einen Koffer mit mehrsprachigen Büchern nach Hause, wodurch die Lesekompetenzen der Kinder und die Kooperation mit dem Elternhaus unterstützt werden und die Mehrsprachigkeit der Kinder als Ressource aufgegriffen wird.

Forum III – AUSTAUSCHEN & PARTIZIPIEREN/TEILHABEN

Leitung:

Prof. Dr. Alexandra Busch
LEIZA | Leibniz-Zentrum für Archäologie, Direktorin & Leibniz-Kompetenzzentrum Bildung im Museum

gemeinsam mit

Dr. Lorenz Kampschulte
Deutsches Museum & Leibniz-Kompetenzzentrum Bildung im Museum

Dialog und aktive Teilhabe sind wichtige Grundsäulen unserer demokratisch geprägten Gesellschaftsstruktur. Dies betrifft nicht nur den politischen Bereich im lokalen, nationalen und internationalem Umfeld, sondern auch die Weiterentwicklung der Gesellschaft als Ganzes – im sozialen und wissenschaftlichen Umfeld. Wie wollen wir in Zukunft leben? Welche technologischen und sozialen Möglichkeiten wollen wir nutzen? Und welchen Einfluss haben unsere heutigen Entscheidungen auf unsere Zukunft?

Aber Teilhabe ist kein Selbstläufer, sie muss sowohl systemseitig vorgesehen, als auch auf Seite der Bürger:innen aktiv wahrgenommen werden. Um sich in gesellschaftliche Diskussionen einbringen zu können braucht es zum einen etwas thematisches Wissen über die fachlichen Grundlagen und Zusammenhänge. Zum anderen – und das ist vielleicht sogar der wichtigere Teil – ist eine grundlegende strukturelle Methodenkompetenz nötig: Wie funktioniert wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn? Wie laufen politische Entscheidungen ab? Teilhabe ist nicht selbstverständlich, sondern ein aktiver Lern- und Entwicklungsprozess, der sich über das ganze Leben weiterentwickelt. Informelle Lernorte wie Museen können dabei unterstützen, Teilhabeprozesse vom Kindesalter an zu entwickeln, zu formen, und Bürgerinnen und Bürger dazu zu befähigen Teilhabe aktiv zu leben.

Forschungsmuseen erreichen ein breites Publikum und können Menschen unterschiedlichen Alters und kulturellen wie auch sozialen Hintergrundes für gesellschaftlich relevante Themen begeistern und sensibilisieren. Sie ermöglichen die Teilhabe an Forschungsprozessen, schaffen ein vertieftes Verständnis für den ergebnisoffenen Prozess wissenschaftlicher Arbeit und stärken damit kritisches Denken und Urteilsvermögen als grundlegende Kompetenzen in einer demokratischen Wissensgesellschaft.

Dr. Lorenz Kampschulte
Deutsches Museum & Leibniz-Kompetenzzentrum Bildung im Museum

Förderung von Teilhabe im naturwissenschaftlich-technischen Bereich – Beispiele aus dem Deutschen Museum

Dialog und Teilhabe zu fördern sind Ziel vieler Museen. Die Motivationen dafür sind vielfältig: nach innen gerichtet um die Gesellschaft stärker am kulturellen Erbe teilhaben zu lassen, um kulturelle Identitäten zu stärken und die Vergangenheit mit dem heute zu verbinden. Nach außen gerichtet um gesellschaftliche Veränderungen wie z. B. den Klimawandel zu begleiten und Menschen dabei zu unterstützen Aktion und Verantwortung zu übernehmen. Die Wege dorthin sind ebenso vielfältig wie die Motivationen der Museen – es gibt keinen Standard, keinen Königsweg. Drei Beispiele aus dem Deutschen Museum zeigen mögliche Wege für Dialog und Teilhabe im naturwissenschaftlich-technischen Bereich.

Forum IV – MACHEN / ERKUNDEN / FORSCHEN

Leitung:

Dr. Carolin Enzingmüller
IPN | Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

gemeinsam mit

Prof. Dr. Katrin Sommer
Ruhr-Universität Bochum


Schülerlabore und Schülerforschungszentren liefern einen strukturellen Beitrag zur außerschulischen Bildung, indem sie eine institutionalisierte Plattform für den authentischen Austausch zwischen Akteuren aus Forschung und Entwicklung und den Teilnehmern der Angebote bieten. Die Angebote setzen auf das eigenständige Forschen und Experimentieren, das “Machen”.

Oftmals sind diese Lernorte aus Kooperationen mit der Wissenschaft entstanden und haben selbst Bezug zu Forschung. Kollaborative Outreach-Projekte bieten die Chance, aktuelle, häufig interdisziplinäre wissenschaftliche Themen für diese Lernorte didaktisch wertvoll aufzuschließen und verschiedene Akteure in den Entwicklungsprozess einzubeziehen.

Exemplarisch an Aktivitäten aus einem etablierten Schülerlabor wird aufgezeigt, welche Anforderungen an Formate für Breitenförderung sowie an Formate der Individualförderung gestellt werden. Sie unterscheiden sich u.a. in inhaltlicher Ausrichtung, wie Notwendigkeit einer curricularen Passung, und zeitlicher Organisation. Die Beachtung dieser Anforderungen trägt maßgeblich zum Erfolg der Angebote bei.

Um innovative Konzepte und Formate umzusetzen, braucht es eine systematische Unterstützung. Stiftungen kommt eine wichtige Rolle bei der Gründung und Umsetzung neuer Lernorte zu. Neben der finanziellen Unterstützung trägt auch die Netzwerkbildung dazu bei, Angebote bekannter zu machen und Partnerschaften mit Unternehmen, Hochschulen oder anderen Bildungseinrichtungen zu fördern.

Der nachhaltige Erfolg der Angebote ist abhängig von Faktoren, wie Bekanntheitsgrad, Akzeptanz, Nachfrage, Image, Sponsoring und regionalen Besonderheiten. Eine gelingende Kooperation zwischen den außerschulischen Lernorten und Ministerien ist hier entscheidend, um die Angebote langfristig im Bildungssystem zu verankern und Schüler*innen bestmöglich zu fördern.


Jörg Triebel
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Referat 32

Schülerforschungszentren sind in hohem Maße von verschiedenen Faktoren abhängig, darunter Bekanntheitsgrad, Akzeptanz, Nachfrage, Image, Sponsoring und regionale Besonderheiten. Um erfolgreich zu sein, ist es wichtig, dass sie zuverlässige Ansprechpersonen haben, die bei der Entwicklung und Etablierung der Zentren eine wichtige Rolle spielen. Diese Mitwirkenden können maßgeblich zur Qualität der Ergebnisse und zur Kontinuität der Angebote beitragen.

Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Kooperation und Zusammenarbeit zwischen Schülerforschungszentren, außerschulischen Bildungsorten und Ministerien. Durch eine enge Zusammenarbeit können alle Beteiligten voneinander profitieren und gemeinsam dazu beitragen, dass Schüler*innen bestmöglich gefördert werden. Außerschulische Bildungsorte bieten Schüler*innen die Möglichkeit, außerhalb des regulären Schulunterrichts zu lernen und sich weiterzubilden.

Durch eine enge Zusammenarbeit mit Ministerien und zwischen den Ministerien können Schülerforschungszentren und außerschulische Bildungsorte ihre Angebote ausbauen und verbessern, um noch mehr Schüler*innen zu erreichen. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten zusammenarbeiten, um die bestmöglichen Bedingungen für die Schülerforschungszentren und außerschulischen Bildungsorte zu schaffen. Nur so können sie ihre volle Wirkung entfalten und dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche bestmöglich gefördert werden. Diese interministeriellen Schnittstellen sind zunehmend wichtiger in den Ländern geworden.

Forum V – ERFAHREN

Leitung: Prof. Dr. Stephan Schwan
IWM | Leibniz-Institut für Wissensmedien


Was heißt und zu welchem Ende erleben wir digitale Geschichte? Praktiken der Interaktion und Immersion in der historisch-politischen Bildung

Dr. Tobias Ebbrecht-Hartmann
Hebräische Universität Jerusalem

Mit Hilfe von digitalen Technologien Geschichte zu erleben, bedeutet das Verhältnis zwischen Vergangenheit und Gegenwart neu zu bestimmen. Digitale Medien können präsent machen, was weit entfernt, abwesend, vielleicht sogar längst verschwunden ist, und sie können dabei helfen am historischen Ort oder am Gegenstand einer historischen Quelle unscheinbare Details sichtbar und zusätzliche Informationsschichten zugänglich zu machen. „Erleben“ ist dafür ein unscharfer Begriff, denn selbst die immersive Auseinandersetzung mit Geschichte in virtuellen Umgebungen evoziert ein hochgradig medial induziertes Erleben und ermöglicht keinen direkten Zugang zur Vergangenheit. In den Blick geraten darum Praktiken der immersiven und interaktiven Auseinandersetzung mit den Spuren des Vergangenen in digitalen Medienumgebungen: Verknüpfen, Annotieren, Bewegung, Berühren, Prompting etc. Diese Praktiken fördern ein Präsenzerleben, das die aktive Beschäftigung mit Geschichte, ihren Quellen und Zeugnissen unterstützt. Der Input zu innovativen Medien diskutiert verschiedene Formate und Ansätze digitaler Auseinandersetzung mit der Geschichte des Holocaust, die von Virtual-Reality-Erfahrungen und 3D-Modeling bis zu Augmented-Reality-Anwendungen und KI-gestützter Interaktion mit historischen Quellen und Zeugnissen reichen.


Prof. Dr. Christian Kuchler
Universität Augsburg

Besucher*innen erwarten von historischen Orten, Museen und Gedenkstätten die Möglichkeit eines „Erlebens“ von Geschichte. Doch ist diese Hoffnung nicht zu erfüllen, weil eine direkte Begegnung mit Geschichte selbst am Ort des vormaligen Geschehens nicht mehr möglich ist. Zwischen den Erwartungen der Gäste und dem Potential der besuchten Orte für das historisch-politische Lernen klafft also eine Lücke, die es zu klären und pädagogisch zu nutzen gilt.

Dezidiert mit dem Blick auf Schüler*innen soll am Beispiel der gesellschaftlich weitgehend unumstrittenen Gedenkstättenfahrten deutscher Schulen aufgezeigt werden, wie aus der Erwartung eines „Erlebens“ von Geschichte der Weg zu einer kritischen Reflexion angebahnt werden kann. Dargestellt wird vor allem, welchen Ertrag derartige Reisen erzielen können und wo die Grenzen des pädagogisch Möglichen liegen. Auf Basis einer Langzeitstudie wird zudem erörtert, wie sich die Schwerpunkte des Lernens bei Gedenkstättenexkursionen verändert haben – und wie sie sich im Zuge der zunehmenden Digitalisierung und der technischen Tools, die künftig auch bei Besuchen in Museen und Gedenkstätten einsetzbar sein werden, weiterentwickeln.


Arne Pannen
Gedenkstätte Sachsenhausen

Die KZ-Gedenkstätten in Deutschland erreichen jährlich ein Millionenpublikum, mit steigender Tendenz. In nationaler und internationaler Perspektive wird diesen historischen Orten eine herausragende Bedeutung in der Auseinandersetzung mit Geschichte beigemessen.

Das Bedürfnis der Besuchenden, an diesen Orten Geschichte greifbar zu machen, geht oft mit der Erwartung einer unmittelbaren Erlebbarkeit einher. Was kann jedoch an einem Ort erlebt werden, der „Sinnbild“ für Massenverbrechen des NS Regimes ist?

Ziel der Gedenkstättenpädagogik ist es, das vielfältige Interesse der Besuchenden aufzugreifen und mit einer Vielzahl an Geschichtszugängen darauf zu antworten. Die Gedenkstättenpädagogik tritt hier also in eine vermittelnde Position zwischen den vergangenen Ereignissen, ihren historischen Spuren und den heutigen Besuchenden.   

An den Orten des „hier ist es gewesen“ lassen sich historische Zusammenhänge topografisch und biografisch verorten und historische Quellen mit mehreren Sinnen erkunden.

Vor dem Hintergrund aktueller Wandlungen, wie der zunehmenden Internationalisierung und Diversifizierung der Besucher:innengruppen, aber auch sich stetig weiterentwickelnder Medienensembles und Sehgewohnheiten, zeigt der Impuls verschiedene Ansätze, Chancen und Herausforderungen der Geschichtsvermittlung in Gedenkstätten auf. Diskutiert werden sollen außerdem infrastrukturelle Probleme, welche dazu führen können, dass die reale pädagogische Praxis von den idealen Vermittlungszielen abweichen kann.

Hinweise: Es liegen uns nicht zu allen Vorträgen Präsentationen vor. Mit Klick auf “Video” werden Sie zu YouTube weitergeleitet.

Begrüßung durch das Netzwerk
Prof. Dr. Marcus Hasselhorn

Begrüßung durch die Politik
Dr. Sabine Döring

Katharina Günther Wünsch

Einführung in die Thematik
Prof. Dr. Ulrike Cress


Keynote I

Prof. Dr. Stephan Schwan

Erfahren, Erkunden, Experimentieren – Außerschulische und informelle Lernorte der vierten Generation


Keynote II

Prof. Dr. Martin Storksdieck

Barrieren brechen: Das Konzept Lernökologie kann schulische und informelle Lernorte verbinden



Forum II

AUFWACHSEN


Forum III

AUSTAUSCHEN / PARTIZIPIEREN / TEILHABEN




Bildungsdialog

Welche Potenziale bieten außerschulische Lernorte? Welche Herausforderungen bestehen?


Lizenzen
Videoaufzeichnungen (Video): CC BY ND 3.0 DE
Präsentationen (PDF): Keine Open-Access-Lizenz.
Alle bereitgestellten Präsentationen sind urheberrechtlich geschützt. Sollten Sie Teile hiervon verwenden wollen, wenden Sie sich bitte an, sodass wir gegebenenfalls den Kontakt zum/r Urheber*in oder Nutzungsberechtigten herstellen können.

Im Rahmen des Digitaltags 2023 haben wir mit dem IDS | Leibniz-Institut für Deutsche Sprache eine Aktion zur Reflexion und Erweiterung von sprachlichem Wissen unter Einsatz multimedialer Formate und authentischer Sprachdaten veröffentlicht. Testen Sie auf der Website der LernGrammis Ihr Wissen in interaktiv erkundbaren Stationen.

Das Dossier „Außerschulische Bildung und Lernorte für Kinder und Jugendliche beim Deutschen Bildungsserver bietet einen Überblick über die dortig enthaltenen Informationen zur außerschulischen Jugendbildung sowie zu außerschulischen bzw. non-formalen und informellen Lernorten.

In den Audio-Linkempfehlungen hat Christine Schumann interessante Linkempfehlungen aus dem Dossier zusammengestellt – für Wissenschaftler*innen, aber auch für Menschen aus der Bildungspraxis.

LERN-Jahrestagung 2023 – Wirksamkeit und Nachhaltigkeit in der Bildung

„Wirksamkeit und Nachhaltigkeit in der Bildung”

Die interne Wissenschaftliche Jahrestagung 2023 fand am 04. und 05. Mai in Mannheim statt und wurde vom IDS | Leibniz-Institut für Deutsche Sprache, von GESIS | Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften und vom ZEW | Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim ausgerichtet.

Sprachfördermaßnahmen in Kindertageseinrichtungen und ihre Wirksamkeit: Ergebnisse der Forschungssynthese stark abhängig von der Suchstrategie

Karin Zimmer (Universität Vechta) & Jolika Schulte (Universität Vechta)

Ziel von Forschungssynthesen ist es, alle für ein Themenfeld relevanten Forschungsergebnisse zu identifizieren und die aus ihnen ableitbare Evidenz unter Berücksichtigung ihrer Aussagekraft zu bündeln. Zum zweiten sollen auf diese Weise auch Forschungslücken identifiziert werden. Der transparenten und möglichst vollständigen Informationssuche kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Es herrscht Uneinigkeit darüber, ob neben den in wissenschaftlichen Fachzeitschriften publizierten Forschungsergebnissen auch andere Quellenarten, wie etwa Werke der sog. grauen Literatur zum Erkenntnisfortschritt beitragen können. Dieser Frage wird im Rahmen der Erstellung einer Forschungssynthese zu Maßnahmen der Sprachförderung für Kinder ab 3 Jahren in Kindertageseinrichtungen in Deutschland (Zeitraum 1949-2017) nachgegangen. Es wurde eine systematische Informationssuche in neun nationalen und internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften- und Projektdatenbanken, dem Katalog der Deutschen Nationalbibliothek, eine Anfrage aller deutschen Städte mit über 100.000 Einwohnern und eine Internetrecherche (Google und GoogleScholar) durchgeführt. Zudem wurden Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft direkt angeschrieben und um Hinweise zum Thema gebeten. Insgesamt wurden auf diese Weise 2.566 verschiedene Dokumente gefunden, von denen 327 nach einer zweistufigen Screening-Prozedur als für die Fragestellung relevant in die Forschungssynthese aufgenommen wurden. Von diesen machen wiederum 31 Untersuchungen auch aussagekräftige Angaben zur Wirksamkeit der Sprachförderung auf Ebene des Kindes.
Die in die Forschungssynthese eingehenden Quellen werden mit Hinblick auf ihren Publikationsstatus und ihre Begutachtung in einem externen Begutachtungsverfahren eingeordnet. Im Ergebnis zeigt sich, dass über ein Drittel aller relevanten Dokumente durch die direkte Expertenanfrage und sie ergänzende Internetrecherchen gefunden wurden. Die zur Beurteilung der Wirksamkeit von Sprachförderung beim Kind herangezogenen Untersuchungen stammen knapp zur Hälfte aus Quellen, die nicht einer formalen, externen Begutachtung unterzogen wurden. Je nach Quellenart finden sich Unterschiede in Zielgruppe und Zielrichtung der Intervention. Dieser Befund zeigt die Wichtigkeit von grauer und unveröffentlichter Dokumentation und weist darauf hin, wie (aus der Praxis stammendes) Erfahrungswissen in der wissenschaftlichen Arbeit vermehrt berücksichtigt werden kann.

Durch welche Maßnahmen gelingt der Abbau von Bildungsbarrieren? Erste Ergebnisse einer Forschungssynthese

Selina Kirschey (DIPF), Monika Lindauer (DJI), Ingeborg Jäger-Dengler-Harles (DIPF), Christina Möller (DJI), Jan Scharf (DIPF), Andreas Herz (DJI), Susanne Kuger (DJI) & Kai Maaz (DIPF)

Sozial benachteiligte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene haben geringere Bildungschancen und -erfolge. Dieser Zusammenhang ist in Deutschland besonders stark und persistent (Becker & Lauterbach, 2016; Köller et al., 2019; Lühe, 2019; Maaz & Dumont, 2019; Miethe et. al., 2021; Scharf et al., 2020, Weis et al., 2019). Die Frage, wie Bildungsbarrieren entstehen, ist umfangreich erforscht und systematisiert (Bachsleitner, Lämmchen & Maaz 2022). Dagegen fehlt es an Überblicksarbeiten, welche Maßnahmen zum Abbau von Bildungsbarrieren wirken.
Studienergebnisse zu dieser Frage zu systematisieren, ist Ziel unserer Forschung im Verbundprojekt „ABIBA | Meta − Abbau von Bildungsbarrieren: Lernumwelten, Bildungserfolg und soziale Teilhabe“. Während viele Studien vor allem Bildungsbarrieren im Zusammenhang
mit formalen Bildungssettings untersuchen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020, S. 79; Gomolla, 2014), soll unsere Forschungssynthese darüber hinaus auch die non-formale und informelle Bildung einschließen. Wir berücksichtigen zudem eine breite Spanne an Lebensphasen von der frühen Kindheit bis zum jungen Erwachsenenalter (0-27 Jahre). Das Forschungsvorhaben fokussiert verschiedene Ebenen, auf denen Bildungsbarrieren auftreten
(Schmidt-Hertha, 2018, S. 831; Wenzel, 2008, S. 430): individuelle Aspekte (Mikro-Ebene), Lernumwelten (Meso-Ebene) und strukturelle Aspekte wie wirtschaftliche oder sozialräumliche Lebenslagen (Makro-Ebene). Der Fokus liegt auf empirischen qualitativen und quantitativen
Studien, die die Wirksamkeit von Maßnahmen gegen Bildungsungleichheiten in Deutschland evaluieren. Dazu wird in Literaturdatenbanken anhand einer kriteriengeleiteten Suchstrategie
nach relevanten Studien recherchiert, die anschließend kodiert und analysiert werden. Der Beitrag berichtet erste Ergebnisse zu bisher analysierten Studien. Dabei wird zunächst der Anteil an Studien in den verschiedenen Bildungssettings und Lebensphasen verglichen.
Des Weiteren erfolgt eine Darstellung, welche Arten von Bildungsbarrieren und welche Maßnahmen zu deren Abbau in der untersuchten Literatur erforscht werden und schließlich,
ob und wie diese Maßnahmen wirken. Ausblickend wird die Bedeutung der Ergebnisse für die empirische Bildungsforschung und die Praxis erörtert: Die Identifikation von wirksamen Maßnahmen sowie Forschungsdesiderata zum Abbau von Bildungsbarrieren, auch in bisher weniger erforschten Lebensphasen und Bildungssettings.

Ungleiches ungleich behandeln. Abbau von Bildungsungleichheiten durch eine bedarfsorientierte Ressourcensteuerung?

Norbert Sendzik (LIfBi), Marcel Helbig (LIfBi, WZB), Denise Demski
(RUB) & Gabriele Bellenberg (RUB) & Sarah Eiden (RUB)

Herkunftsbedingte Disparitäten im Bildungssystem sind für unterschiedliche Bildungsetappen und im Zeitverlauf international und national vielfach empirisch belegt, wobei für ihre Erklärung neben primären und sekundären Herkunftseffekten auch dem Sozialraum und sozialen Segregationstendenzen Relevanz zukommt. Eine bedarfsorientierte Ressourcensteuerung, im Zuge derer Bildungseinrichtungen mit einem hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen aus benachteiligten Familien zusätzliche Ressourcen erhalten, wird als Mittel zum Abbau von Bildungsbarrieren angesehen und seit einigen Jahren auch auf kommunaler Ebene verstärkt eingesetzt. Im Mehrebenensystem kommt Kommunen dabei eine Doppelrolle hinsichtlich der Mittelzuweisung zu, da sie sowohl über eigene Ressourcen verfügen, daneben z.T. aber auch für die konkrete Verteilung von Bundes- oder Landesmitteln verantwortlich sind.
Internationale Befunde deuten darauf hin, dass der Ressourcenumfang sowie die Art und Weise, wie diese zugewiesen und genutzt werden (sollen), die Wirkungen einer bedarfsorientierten Ressourcensteuerung beeinflussen. Für Deutschland liegt jedoch noch kaum Evidenz in Bezug auf Ausmaß, Ausgestaltungen und Wirkungen einer bedarfsorientierten Ressourcensteuerung vor. Mit dem Ziel, eine Datengrundlage für eine wirkungsbezogene Evaluationsforschung zu gewinnen, gehen wir daher folgenden Forschungsfragen nach:

– Welche Kommunen in Deutschland haben bereits eine bedarfsorientierte Ressourcensteuerung im Schulbereich implementiert?
– Wie wird eine bedarfsorientierte Ressourcensteuerung in Kommunen umgesetzt (z.B. Umfang, Verteilungsprinzipien)?

Die ersten Ergebnisse einer systematischen Dokumentenanalyse sowie einer Onlinebefragung von Leitungen kommunaler Schulverwaltungen im Rahmen des BMBF-Verbundprojekts „ABBAUBAR“ deuten darauf hin, dass sich sowohl die Implementation einer bedarfsorientierten
Ressourcensteuerung als auch deren Umsetzung zwischen Kommunen deutlich unterscheidet. Liegt eine bedarfsorientierte Ressourcensteuerung vor, lässt sich eine Varianz etwa hinsichtlich der Art der Mittel (Personalstellen bzw. Budgets zur freien oder zweckgebundenen Verwendung) und in Bezug auf die Verteilungsgrundlage (antragsbasiert bzw. datenbasiert, z.B. durch die Verwendung von Sozialindizes) identifizieren. Im Vortrag werden deskriptive Statistiken präsentiert sowie Einblicke in die unterschiedlichen kommunalen Umsetzungen gegeben; zudem werden nächste Schritte zur Nutzung der Befunde für eine Forschung zu den Wirkungen einer bedarfsorientierten Ressourcensteuerung vorgestellt und kritisch diskutiert.

Nützlichkeit und Wirksamkeit einer innovativen Suchmaschine für
authentische und kompetenzadaptive Sprachlerntexte (KANSAS)

Mareike Kholin (DIE), Detmar Meurers (U Tübingen), Michael Becker-Mrotzek (MI Köln), Hannes Schröter (DIE) & Josef Schrader (DIE)

Für eine gelingende Binnendifferenzierung brauchen Lehrkräfte in den Bereichen Alphabetisierung, Grundbildung und Deutsch als Zweitsprache Sprachlernmaterial, das sowohl inhaltlich als auch sprachlich an die heterogenen Bedürfnisse der Lernenden angepasst ist. Digitale Tools können Lehrkräfte bei der Textrecherche unterstützen. KANSAS ist eine innovative Suchmaschine, die Lehrkräfte bei der Suche und Auswahl von authentischen Lesetexten im Internet und in einem elektronischen Textkorpus unterstützt (Dittrich et al., 2019). Mit KANSAS können Lehrkräfte sowohl die inhaltliche als auch die sprachliche Komplexität der Texte bei der Suche anpassen.
Für einen nachhaltigen und effektiven Einsatz neu entwickelter Tools braucht es systematische Studien zur Nützlichkeit und Wirksamkeit digitaler Tools in realistischen Anwendungskontexten. Im folgenden Beitrag werden daher zwei aufeinander aufbauende Online-Studien zu KANSAS präsentiert.
Eine Evaluation der Suchmaschine mit 27 Lehrkräften ergab, dass Lehrkräfte KANSAS als hilfreiches Werkzeug für die Unterrichtsplanung und Textrecherche erleben (Mayer et al., 2023). Die Ergebnisse der Evaluation zeigen insbesondere die Relevanz frei verfügbarer und veränderbarer Sprachlerntexte für den nachhaltigen Einsatz der Suchmaschine auf. In einer Within-subjects-Interventionsstudie mit 36 Lehrkräften wurde KANSAS mit einer Standardsuchmaschine, die keine sprachlichen Einstellungen ermöglicht, verglichen. Die Ergebnisse der Interventionsstudie zeigen, dass mit KANSAS sprachlich passendere Texte gefunden wurden und die Qualität von auf den darauf aufbauenden Unterrichtsentwürfen durch zwei unabhängige Gutachtende höher bewertet wurde.
Im Vortrag werden diese Ergebnisse diskutiert und zukünftige Forschungsperspektiven aufgezeigt. Darüber hinaus wird erläutert, wie der Bedarf an frei verfügbaren Sprachlerntexten durch die Erstellung eines Textkorpus aus über 11.000 frei lizensierten Texten in KANSAS adressiert wurde.

A Library in the Palm of your Hand? Inequalities in Reading Literacy and
Educational Attainment

Silke Anger (IAB), Bernhard Christoph (IAB), Agata Gałkiewicz (IAB, U Potsdam), Shushanik Margaryan (U Potsdam), Frauke Peter (DZHW), Malte Sandner (IAB, TH Nürnberg), Thomas Siedler (U Potsdam)

Children from disadvantaged households read less than their non-disadvantaged peers. Reading skills correlate with overall academic achievement, suggesting that insufficient reading may be one of the causes of achievement gaps by socioeconomic background. This paper evaluates the effects of a randomized reading intervention that distributed E-book-readers to students from disadvantaged backgrounds in grades five and six. We examine reading time, reading competence, and educational outcomes. We find that the intervention significantly increases students‘ reading. Our results suggest that a relatively inexpensive intervention, which directly targets children, can have a large effect on an important educational activity.

LernGrammis: Lernerspezifische Materialien und
Angebote für die Reflexion über Sprache – Grundlagen für
systematisches strukturelles Sprachwissen

Giorgio Antonioli (IDS), Gertrud Faaß (IDS), Niklas Reinken (IDS), Roman Schneider (IDS)

Die Auseinandersetzung mit den grammatischen Mustern eines Sprachsystems ist sowohl in der Erstsprache (L1) als auch beim Erwerb von Zweit- (L2) bzw. Fremdsprachen die vielleicht größte Hürde. Gründe dafür können unterschiedlich sein. Grammatik-Lehrwerke überfordern Lernende ohne spezielle Vorkenntnisse zum einen oft mit ihrer Komplexität, zum anderen werden sie als zu abstrakt in dem Sinne wahrgenommen, dass die konkrete Bezugnahme auf Sprachpraxis nicht überzeugend erschlossen werden kann. Das hat naheliegenderweise Folgen: Entweder misslingt der Erwerb von metasprachlichem Wissen im Rahmen von Bildungsmaßnahmen ganz und gar oder das erworbene Wissen wird nach dem Ende der entsprechenden Bildungsmaßnahme rasch wieder vergessen.
Unter anderem aus diesen Gründen ist der Bedarf nach Ressourcen, die eine nachhaltig wirksame, nicht überlastende und weiterfördernde Beschäftigung mit strukturellem Sprachwissen ermöglichen, stärker denn je. Genau die Erstellung einer solchen Ressource setzt sich das Projekt LernGrammis zum Ziel. Die Arbeiten daran begannen im Dezember 2022 und streben den didaktischen Ausbau des digitalen grammatischen Informationssystems Grammis (grammis.ids-mannheim.de) an. Dieses soll um Lernbausteine und -pfade für die universitäre Lehre sowie für den Schul- bzw. den Fremd-/Zweitsprachenunterricht erweitert werden. Jede Lerneinheit adressiert also einen spezifischen Bildungsbereich und ist weiterhin:

– modular aufgebaut: Sowohl die einzelnen thematischen Einheiten als auch die jeweiligen Subdokumente sind weitestgehend voneinander unabhängig. Somit wird kein Vorwissen aus vorangehenden Einheiten vorausgesetzt. Eventuelle Wissenslücken lassen sich durch im Text eingebettete Verknüpfungen beheben. Somit wird auch die Gefahr minimiert, die Nutzerschaft mit überflüssigen Informationen zu überlasten.
– interaktiv und multimedial: Die Lernenden werden in jeder Einheit mit Aufgaben zur linguistischen Reflexion und mit Übungen konfrontiert und erhalten anschließend Rückmeldungen bzw. Lösungshinweise. Zu den Aufgabenstellungen gehören stellenweise auch Recherchen in digitalen Grammatikwörterbüchern und Sprachkorpora. Somit werden sowohl die aktive Beschäftigung mit Regelwerken als auch die (niederschwellig) forschende empirische Analyse grammatischer Kategorien und Zusammenhänge („forschendes Lernen“) gefördert. Das selbstständige Arbeiten mit authentischem Material befördert dabei mutmaßlich die Erarbeitung individueller Lernstrukturen und überwindet eine nicht mehr zeitgemäße Interpretation von Lernen als purer Wissensaneignung.

Im Rahmen der BMBF-Fördermaßnahme zum Aufbau einer nachhaltig verfügbaren digitalen Bildungsinfrastruktur wird das Angebot an die im Entstehen begriffene „Nationale Bildungsplattform“ angeschlossen. Um die Bedarfe der heterogenen Nutzungsgruppen abzuschätzen, führt das Projekt eine breit adressierten Online-Umfrage unter Lehrenden und Lernenden durch. Deren Ergebnisse fließen in die Arbeiten zur Entwicklung eines lebenslang – d.h. in unterschiedlichen Bildungskontexten – effektiven Angebots ein. Wirksamkeit und Bildungserfolge werden zum Abschluss des Projekts wiederum im Rahmen einer empirischen Nutzungsstudie validiert. Im Vortrag präsentieren wir „Work in Progress“ und werden anhand konkreter erster Ergebnisse die Integration von LernGrammis in der akademischen Lehre, im Schulunterricht und beim Erwerb des Deutschen als Zweit-/Fremdsprache demonstrieren.

Subject-Specific Higher Education Gender Wage Gap in Germany, 1993-2013

Fabian Trennt (DZHW) & Jessica Ordemann (DZHW)

Germany has experienced a tremendous expansion of higher education (HE) over the last decades. Especially women increasingly obtained a HE degree. On the one hand, a growing share of HE graduates reflect a change of demand in advanced skills due to technological progress. On the other hand, the expansion might have led to an oversupply of graduates and therefore worse returns on higher education. This should especially be true for study subjects that are commonly not perceived as being the driving force of technological change such as humanities or social sciences – subjects that are often studied by women. While most research did not find a negative impact of HE expansion on graduates’ labor market prospects in Germany, studies that take a more differentiated view at the level of subjects and gender are scarce.
In our study, we ask if HE expansion has an impact on the HE gender wage gap taking into account that field of studies and their associated labor market returns might be influenced differently by technological change. To answer our research question, we use the data of German Centre for Higher Education Research and Science Studies (DZHW)-Graduate Panel Studies of the 1993, -1997-, 2001-, 2005-, 2009- and 2013 graduate cohorts. We run OLS-regressions with real hourly wages at the first job after graduation as dependent variable and interaction of cohort and gender as main independent variable. We find rising wages over nearly all subjects for women and men between 1993 and 2013 with a sharp decline in 2005 and an increase in the gender wage gap after 2005. The HE gender wage gap in our study is mostly driven by graduates of STEM-fields. However, apart from the last cohort, women with a degree in natural sciences have caught up with their male counterparts.

The untold story of internal migration in Germany: patterns, developments, and the role of education

Anton Barabasch (LIfBi), Kamila Cygan-Rehm (LIfBi), Guido Heineck (U Bamberg) & Sebastian Vogler (LIfBi)

Educational Mobility and the Economic Performance of European Regions

Guido Neidhöfer (ZEW), Sarah McNamara (ZEW) & Patrick Lehnert (UZH)

This study analyses the evolution of intergenerational mobility at the regional level and its effects on regional growth and innovation. Based on a rich set of harmonised microdata from 31 European countries, we compute cohort-based time series for several dimensions of intergenerational educational mobility at the regional and national levels. On average, upward mobility rose for cohorts born between 1940 and 1979 at both the secondary and tertiary level. However, considerable spatial and temporal heterogeneity suggests a large degree of regional variation. In a second stage, we use a weighting procedure based on innovation activities over the lifecycle to weight the aggregate annual participation of cohorts in innovation and economic activity. Using these weighted measures, we estimate the effects of changes in mobility on innovation and growth at the regional level using patent data from the European Patent Office and multiple proxies for regional development.

Die Bedeutung von Implementationskontexten für die Wirksamkeit bildungspolitischer Interventionen im Feld der Weiterbildung

Fabian Rüter (DIE), Renan Sari Winkler (DIE), & Julian Hemmerich (DIE)

Im Knowledge Café soll das Konzept einer Nachwuchsgruppe vorgestellt und diskutiert werden, die ihre Arbeit 2023 am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung aufgenommen hat. Die Nachwuchsgruppe greift ein zentrales Desiderat der aktuellen Forschung zur Untersuchung der konkreten Gelingensbedingungen einer erfolgreichen Implementierung von Interventionen in Bildungssystemen (Schrader et al., 2020) auf.
Dieses Desiderat wird mit der Frage nach den Bedingungen der Wirksamkeit bildungspolitischer Interventionen im Feld der Weiterbildung adressiert. Dazu liegen in der Forschungsliteratur Studien vor, die häufig nur geringe oder nicht signifikante Treatmenteffekte ausweisen. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse, dass individuelle Charakteristika (Rüter et al., 2020), regionale Merkmale (Martin et al., 2020) und Organisationsmerkmale (Reuter et al., 2020) die Wirksamkeit bildungspolitischer Interventionen beeinflussen und sich Phänomene der Effektheterogenität in Abhängigkeit dieser Kontextmerkmale beobachten lassen.
Während der Forschungsbereich zu den Wirkungen bildungspolitischer Interventionen gegenwärtig besser in der Literatur etabliert ist, stellt die Untersuchung von Effektheterogenitäten ein wichtiges Desiderat dar (Hedges, 2018). So werden vorliegende Befunde zur Effektheterogenität zumeist erst im Ergebnis der Modellschätzungen sichtbar und sind selten auf theoretischen Annahmen begründet. Im Forschungsfeld der Interventions- und Implementationsforschung wird dabei grundlegend angenommen, dass Effekte von Interventionen heterogen sind (Smith, 2022) und über verschiedene Dimensionen von Implementationskontexten variieren (Nilsen & Bernhardsson, 2019). Nicht signifikante Durchschnittseffekte können so ein Aggregat heterogener Wirkungen in unterschiedlichen Implementationskontexten sein, die es in der Nachwuchsgruppe zu untersuchen gilt.
In den geplanten Forschungsvorhaben werden theoriegeleitet Annahmen moderierender Effekte individueller, institutioneller, organisationaler sowie regionaler Implementationskontexte auf die Wirksamkeit bildungspolitischer Interventionen im Feld der Weiterbildung untersucht. Zentrale Outcomes sind das individuelle Weiterbildungsverhalten sowie das Handeln von Weiterbildungsorganisationen. Die Forschungsvorhaben stützen sich auf die Sekundäranalyse vorliegender Datensätze der Bildungs- und Sozialforschung unter der Anwendung von quasi- experimentellen Forschungsdesigns, die der Logik kausalen Schließens folgen.
Ein erstes Forschungsvorhaben untersucht Annahmen moderierender Effekte des Betriebskontexts auf die Wirksamkeit eines Bildungsurlaubsgesetzes (Bildungszeitgesetz, Baden-Württemberg, 2015) hinsichtlich des individuellen Weiterbildungsverhaltens.

Wortschatzerwerb während des Lockdowns – Sprachverläufe von Grundschulkindern aus nicht-monolingual-deutschsprachigen Familien während der Schulschließungen 2020/2021

Christian Lohmann (LIfBi) & Teresa Haller (LIfBi)

Der Zugang („Exposure“) zur Mehrheitssprache Deutsch ist für Kinder aus nicht-deutschsprachigen Familien eine zentrale Komponente für den Spracherwerb. Sofern innerhalb der Familie kein oder kaum Deutsch gesprochen wird, bieten oftmals öffentliche Einrichtungen wie KiTas oder Schulen den Kindern Kontakt zur deutschen Sprache. Durch die COVID-bedingten Schulschließungen 2020 und 2021 fiel dieser Zugang jedoch über Monate größtenteils weg und wurde – wenn überhaupt – lediglich durch Interaktionen über Distanzunterricht ersetzt. Im geplanten Forschungsprojekt soll untersucht werden, ob Kinder aus nicht-deutschsprachigen Familien unter Kontrolle relevanter Merkmale (z.B. SES) für den Zeitraum von 2019 bis 2021 eine im längsschnittlichen Verlauf größer werdende Lücke im Wortschatzerwerb im Vergleich zur Kontrollgruppe aufweisen und damit die überraschend spärliche Literatur zu diesem Thema zu erweitern.
Dabei stehen folgende Forschungsfragen im Fokus: Welche Konsequenzen hat der Wegfall des
Zugangs durch die Schulschließungen für den Verlauf des Deutsch-Wortschatzes von Kindern aus Familien, in denen nicht primär Deutsch gesprochen wird? Inwiefern entwickeln sich die
Sprachverläufe anders als bei Familien, in denen Deutsch die einzige Familiensprache ist?
Auf Grundlage der Startkohorte 1 des Nationalen Bildungspanels (NEPS) soll dies mithilfe des
Difference-in-Differences-Ansatzes untersucht werden. Hierbei werden die Fälle in eine Treatment- (Kinder aus nicht-monolingual-deutschsprachigen Familien, n = ca. 300) und eine Kontrollgruppe (Kinder aus deutschsprachigen Familien, n = ca. 1 200) eingeteilt. Wortschatzerhebungen der Kinder fanden mithilfe eines tabletbasierten Tests im Alter von 3 (im Jahr 2015), 5 (2017), 7 (2019) und 9 (2021) Jahren statt, sodass man die Verlaufsunterschiede der Altersspanne 3-7 Jahre als Basis für eine Schätzung des weiteren Verlaufes bis zum 9. Lebensjahr in den beiden Gruppen nehmen und
überprüfen kann, ob diese Differenzen während des Lockdowns größer wurden als zu erwarten wäre.
Innerhalb des Knowledge-Cafés soll v.a. diskutiert werden, inwiefern dieses Interventionsdesign für die Fragestellung passt. Je nach Veröffentlichungsdatum der Daten könnten bereits erste Ergebnisse vorgestellt werden.

Pushing the Button: Wahrnehmungspsychologische Grundlagen von Lehr-Lernvideos

Markus Huff (IWM), Gerrit Anders (IWM), Anett Hoppe (TIB), Ralph Ewerth (TIB) & Martin Merkt (DIE)

Wie wirkt ein Feedback, das nur auf Algorithmen basiert? Zusammenhang von automatisch generierter individueller Handlungsvorschläge mit Metakognition und Prokrastination

Philipp Handschuh (LIfBi), Maria Klose (LIfBi), Felix Haag (U Bamberg), Sebastian Günther (U Bamberg), Konstantin Hopf (U Bamberg) & Thorsten Staake (U Bamberg)

Um Studierende adaptiv bei ihren selbstregulierten individuellen Lernprozessen mit personalisiertem Feedback zu unterstützen, wurde eine neuartige Feedback-Intervention getestet, die das Potenzial des maschinellen Lernens und kontrafaktischer Erklärungen einsetzt. Dabei wird auf Basis von Logdaten des aktuellen Lernverhaltens in einer digitalen Lernplattform, sowie des Lernverhaltens von erfolgreichen Studierenden früherer Kurse, Vorschläge zur weiteren Kursbearbeitung gemacht (z.B., Videos anschauen, Quizze wiederholen). Doch wie lässt sich eine Notensteigerung dieses vorwiegend statistisch basierten Feedbacks lernpsychologisch erklären?
Eine Herausforderung für das selbstregulierte Lernen ist die Prokrastination, z.B. mangelnde Lern- und Organisationsfähigkeiten (Steel, 2007). Durch das adaptive Feedback sollten Studierende in ihrem Lernprozess bei ihrem Lernplan unterstützt werden. Auch metakognitive Prozesse wie Planung und Überwachung sind relevant für das selbstregulierte Lernen (Pintrich, 1991). Das Feedback sollte dabei die Folgen einer unzureichenden Überwachung reduzieren.
Um den moderierenden Einfluss des Feedbacks auf den Zusammenhang von Metakognition und Lernleistung, sowie Prokrastination und Lernleistung zu untersuchen, wurde das Feedback in einem Kurs im Bachelor (83 Personen), sowie einem im Master der Wirtschaftsinformatik umgesetzt (84 Personen). Innerhalb eines Kurses gab es jeweils eine Gruppe mit und eine ohne Feedback. Unsere Studie folgt einem difference-in-differences Experimentaldesign, bei dem die Experimentalgruppe nach einer Baseline-Phase ein wöchentliches Feedback erhalten hat.
Es geht dabei nicht nur um die Frage, welchen Studierenden dieses Feedback hilft, sondern auch darum Schlüsse zu genieren, wie das Feedback wirkt. Daraus sollen Ableitungen für die Arten der Bearbeitungsvorschläge für die Studierende getroffen werden, sowie Folgerungen, welche Logdaten besonders relevant hierfür sind.

Lektüren im Deutschunterricht als Beitrag zu einer nachhaltigen Lesesozialisation. Vergebene Chancen durch mangelnde Diversität?

Carolin Müller-Spitzer (IDS) & Thomas Wortmann (U Mannheim)

Welche Faktoren fördern deutsche Sprachkompetenzen bei Kindern mit italienischer oder türkischer Herkunftssprache?

Monika Lindauer (DJI)

Mehrsprachig aufzuwachsen ist vorteilhaft (Bialystok, Craik & Luk 2012, Han 2010) und für ein Fünftel der Kinder in Deutschland Realität (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2022). Zugleich sind die zu Hause gesprochene Sprache – sowie der sozio-ökonomische Status (SES) – Hauptgründe für ungleiche (Sprach-)Kompetenzen (Hußmann et al. 2017, u.a.). Spracherfahrung und SES sind in soziologischen und linguistischen Spracherwerbsmodellen jeweils Indikatoren für Exposure und Effizienz bzw. externe und interne Mechanismen (Chiswick & Miller 1995, Esser 2006, Paradis 2011). Als weitere interne bzw. Effizienz-Indikatoren gelten Merkmale der Herkunftssprache und das Erwerbsalter. Einflüsse dieser Indikatoren können aber auch mit Spracherfahrung zusammenhängen (Gresser 2018, Hart & Risley
1995, Hoff 2003, Jia & Fuse 2007, Kaltsa, Prentza, Papadopoulou & Tsimpli 2020, Lloyd-Smith, Einfeldt & Kupisch 2020).
Dieser Beitrag untersucht, ob und wie Merkmale der Herkunftssprache, das Erwerbsalter, SES und Spracherfahrung den Erwerb dreier sprachlicher Phänomene des Deutschen (Wortakzent, Genus, Verbstellung) bei zweisprachigen und deutsch-einsprachigen Kindern beeinflussen. Diese Kombination mehrerer sozio-linguistischer Prädiktoren für mehrere spezifische Sprach-Phänomene ist bisher selten.
Von 161 Kindern im Alter von 3-10 Jahren der drei untersuchten Sprechergruppen wurden Produktionen in spielerischen Experimenten aufgezeichnet. Die Prädiktoren wurden in einem Elternfragebogen erhoben, wobei die Spracherfahrung als Input und Output in quanti-
tativer und qualitativer, akkumulierter und aktueller Form sowie innerhalb und außerhalb der Familie operationalisiert wurde (vgl. Klein & Becker 2017, Paradis 2011, Unsworth 2013). Die untersuchten Einflussfaktoren, insbesondere die Spracherfahrung, wirken am deut-
lichsten bei Genus und Verbstellung. Die Ergebnisse deuten einerseits einen Einfluss der linguistischen Merkmale der Herkunftssprachen an, andererseits können Unterschiede zwischen den Sprechergruppen durch deren unterschiedliche Spracherfahrung erklärt werden. Effekte
von Erwerbsalter und SES scheinen ebenfalls mit Spracherfahrung zusammenzuhängen.
Sprachlicher Input bzw. Interaktion hat demnach zentrale Bedeutung im Spracherwerb. Da die Familie meist einzige Erwerbsquelle für die Herkunftssprache ist, wären für den Erwerb des Deutschen Maßnahmen förderlich, die mehr Zugang zu deutsch-sprachiger Interaktion außerhalb der Familie ermöglichen.

Zum Zusammenhang zwischen konsistenter Terminologie und wirksamer sprachlicher Bildung: das Verzeichnis grundlegender grammatischer Fachausdrücke

Angelika Wöllstein (IDS) & Christian Lang (IDS)

Der Aufbau von Wissensbeständen im schulischen (Sprach-)Unterricht, also die Vermittlung sprachlicher Begriffe, benötigt Fachausdrücke als metasprachliches Grundlagenwissen, mit dem Lehr- und Lerninhalte vermittelt bzw. erworben werden. Begriffe und Fachausdrücke werden in Terminologien systematisch strukturiert. Bei deren Erstellung sind fachliche Fundierung und Konsistenz Voraussetzungen dafür, dass in der praktischen Anwendung eine adäquate und kongruente intersubjektive Begriffsbildung, d. h. die Verknüpfung eines Terminus mit zu erwerbenden sprachlichen Konzepten, zusammengesetzt aus implizitem Wissen und expliziten Kompetenzen, entstehen kann. Die Terminologielehre (vgl. Arntz et al., 2014; DIN 2342:2022-07, 2022) liefert grundsätzliche Gütekriterien hinsichtlich Erstellung und Struktur von Terminologien sowie der inhaltlichen Präzision und Verständlichkeit von Definitionen, um Wirksamkeit und Nachhaltigkeit in deren Anwendung sicherzustellen. Für die schulische Vermittlung von Fachinhalten sind überdies Prototypik von Anwendungsbeispielen und Operationalisierbarkeit im Gebrauch weitere Kriterien für eine nachhaltige Anwendung im Unterricht.
Sprachunterricht setzt auf Begriffsbildungen besonders für sprachlich-grammatische Konzepte (z. B. Nomen, Wortgruppe, Kommentarglied) in Spracherwerb und -reflexion. Im schulischen Deutschunterricht wird dafür seit 1982 die „82-Liste“ genutzt, deren Nutzbarkeit allerdings von Beginn an wegen ihrer Konzeption, der Nicht-Beteiligung des Fachs sowie fehlender fachlicher Bezüge in der Kritik von Sprachdidaktik und Sprachwissenschaft stand. Als Antwort auf diese Mängel wurde das neue „Verzeichnis grundlegender grammatischer Fachausdrücke“ (https://grammis.ids-mannheim.de/vggf) von einem repräsentativ ausgewählten Gremium aus entsandten Expert*innen des (Sprach-)Bildungsbereichs entwickelt, das die oben genannten Gütekriterien erfüllen soll. Es dient als Angebot für die Auswahl von Termini und Begleitmaterialien je nach Schulart und -stufe und ermöglicht den Zugang und die Erfassung des inhaltlichen Kerns und der Formen eines sprachlich-grammatischen Konzepts.In unserem Beitrag möchten wir das VGGF vorstellen und zeigen, dass seine Entstehungsweise eine potenziell wirksamere und nachhaltigere Terminologie im Vergleich zur „82-Liste“ bereitstellen kann. Darüber hinaus möchten wir diskutieren, mit welchen Maßnahmen die inhaltliche Wirksamkeit langfristig evaluiert werden kann, sodass zukünftige Weiterentwicklungen des VGGF evidenzbasiert erfolgen können.

Online Tutoring for Low Performing Students in the Aftermath of Covid-19 School Closures

Silke Anger (IAB, U Bamberg), Bernhard Christoph (IAB), Agata Gałkiewicz (IAB, U Potsdam), Shushanik Margaryan (U Potsdam), Frauke Peter (DZHW), Malte Sandner (IAB, TH Nürnberg) & Thomas Siedler (U Potsdam)

To reduce the spread of Covid-19, school closures and other measures limiting in-person teaching and peer interactions were implemented almost universally worldwide. These measures have large potential to aggravate students’ educational performance, in particular for those from low socio-economic backgrounds or already low performing students. To mitigate the negative effects of Covid-19 on student performance, governments provided large financial resources to implement tutoring for students. However, little is known about the take-up and the effectiveness of such programs.
This study uses a randomized controlled trial to investigate the effectiveness of a one-to-one online tutoring program targeting low performing school students. University students deliver the free of charge tutorials for the treatment group. We first analyze the effect of tutorial invitations on the take-up. We proceed to study its effects on student performance, learning activities, and labor market transition.

BILAD: Ein internationales Forschungsnetzwerk zu Authenzität und Digitalität in informellen Lernorten

Stephan Schwan (IWM), Doris Lewalter (TU München), Stephanie Moser (TU München) & Bärbel Garsoffky (IWM)

Außerschulische und informelle Lernorte rücken zunehmend in den Fokus der Bildungsforschung. Bisher gibt es wenig Forschung zu informellen Lerngelegenheiten und es gilt ihre zugrundeliegenden Wirkungsmechanismen und ihre Nachhaltigkeit zu thematisieren.
Mit diesem Ziel startete im Oktober 2021 das BMBF-geförderte Verbundprojekt „Bildungsforschung an informellen Lernorten im Spannungsfeld von Authentizität und Digitalität“ (BILAD). Das durch die TUM und das IWM initiierte internationale Forschungsnetzwerk setzt sich aus etablierten Wissenschaftler:innen und Expert:innen aus 17 Forschungseinrichtungen, Museen, Science Centern und Gedenkstätten aus Europa und den USA zusammen. Das Netzwerk arbeitet dabei bewusst über die traditionellen Typen von Museen hinweg und das Spektrum der beteiligten Lernorte umfasst sowohl Naturkundemuseum, Technikmuseen, Kunstmuseen als auch historische Gedenkstätten. Im Verlauf des Projekts sollen mehrere Themenbereiche konzeptuell bearbeitet werden: Authentizität, informelles Lernen, digitale Medien und forschungsmethodische Herausforderungen.
Inhaltlicher Schwerpunkt ist das an informellen Orten einzigartige Zusammenspiel von Authentizität und Digitalität, das bisher in der empirischen Bildungsforschung wenig Beachtung fand, und die Besonderheit des Netzwerks ist die Zusammenführung ganz unterschiedlicher Perspektiven. Aktuell widmet sich das Projekt dem Thema Authentizität und der Frage, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten diesbezüglich in den unterschiedlichen informellen Einrichtungen existieren. Hier kristallisierten sich vier relevante Aspekte heraus: Zum einen ist Authentizität nicht dichotom, sondern graduell. Weiterhin ist Authentizität verknüpft mit der jeweiligen Erfahrung, das heißt Entitäten können sich durchaus „wahr“ anfühlen, auch wenn es keine Originale sind. Ob Objekte authentisch wirken hängt auch stark vom Kontext ihrer Präsentation ab, also etwa Ausstellungsstrategien. Schließlich bezieht sich Authentizität auf Objekte, Personen, Orte und Verhalten.
Die Ergebnisse der Netzwerkarbeit sollen in Publikationen und auf Veranstaltungen der Fachwelt zugänglich gemacht werden. Zudem soll der kontinuierliche Austausch zwischen den Netzwerkmitgliedern zu gemeinsamen Forschungsprojekten führen. Die Präsentation bietet einen Überblick über die Themen und Projektmodule sowie einen Einblick in die Arbeit des Netzwerks.

Pilotprojekt zur Evaluation individueller Unterstützungs- und Förderprozesse auf Grundlage der Beobachtungs- und Dokumentationsergebnisse mit BaSiK

Josefine Koebe (Fröbel-Gruppe) & Nele Hage (Fröbel-Gruppe)

Die vordergründige Forschungsfrage, die im Rahmen eines wissenschaftlichen Pilotprojekts bundesweit in ca. 60 FRÖBEL Kindertageseinrichtungen verfolgt werden soll, ist inwiefern, die
systematische Beobachtung und Dokumentation der kindlichen Sprachentwicklung mit Hilfe eines fundierten Beobachtungsverfahrens sowie individuellen Maßnahmen zur alltagsintegrierten Förderung (siehe Kasten unten) sich positiv auf die Sprachbildung und Sprachförderung von Kindern auswirkt. Um diesen viel diskutierten Wirkungszusammenhang zu analysieren, ist ein experimenteller Ansatz angedacht, der eine Interventionsgruppe von Einrichtungen vorsieht,
deren Fachkräfte zwar grundsätzlich in BaSiK geschult sind, allerdings frei in der Maßnahmenbildung in Bezug auf die jeweiligen beobachteten und dokumentierten Sprachstandsentwicklungen der Kinder sind. Der Beobachtungs- und Dokumentationszeitpunkt
liegt um den Geburtstag des einzelnen Kindes und wird jährlich durchgeführt. Sowohl zu Beginn des Pilotprojektes (September 2023) als auch zum Ende des Pilotprojektes (September 2025) finden darüber hinaus standardisierte Sprachstandsmessungen statt. Als Kontrollgruppe dienen gleichaltrige Kinder aus vergleichbaren Einrichtungen in Bezug auf soziodemografische Merkmale, die kein BaSiK anwenden. Darauf aufbauend soll eine zweite Forschungsfrage
beantwortet werden, inwiefern intensive begleitende Schulungen der pädagogischen Fachkräfte sowie Einbindung der Familien höhere Wirkungspotenziale besitzen. Dafür wird eine weitere Interventionsgruppe an BaSiK+ Einrichtungen definiert, für die standardisierte Mindestinterventionen in Bezug auf Fördermaßnahmen vorgegeben werden.

CIDER-LERN-Konferenz 2022

Die Konferenz bringt Wissenschaftler*innen verschiedener Fachdisziplinen zusammen, um Ergebnisse, Methoden sowie konzeptuelle Fragen der Bildungsforschung zu diskutieren. Das übergeordnete Ziel ist, das CIDER-Netzwerk um weitere LERN-Institute, Universitäten und Forschungseinrichtungen zu erweitern, um den interdisziplinären Austausch sowie Kooperationen zwischen Bildungsforscher*innen zu fördern. Doktorand*innen und Post-Doktorand*innen sind eingeladen an der Konferenz teilzunehmen und ihre Forschung in Paper Präsentationen, Postern oder Round-Table Talks vorzustellen.

Die Konferenz findet an der Universität Luxemburg statt.

Zum Call for Papers.
Notification of acceptance: 01. Juli 2022.

Bitte beachten Sie: Die Registrierung ist nun geschlossen.


CIDER Spring Workshop 2022

Der CIDER Spring Workshop fand vom 4. bis 6. Mai 2022 am DIPF I Leibniz Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation in Frankfurt am Main statt.

Geschlossenes Event – Teilnahme nur für CIDER Fellows.

BPF 2022 – Mindeststandards – ein Beitrag zu besserer Bildung für alle?

„Mindeststandards – ein Beitrag zu besserer Bildung für alle?”

Das Bildungspolitische Forum 2022 fand am Dienstag, 27. September 2022 in der Hessischen Landesvertretung, In den Ministergärten 5, Berlin als Präsenzveranstaltung statt.

Moderiert wurde das Forum von Martin Spiewak (die ZEIT).

Inhaltlich verantwortliche Mitglieder des Leibniz-Forschungsnetzwerks Bildungspotenziale (LERN):

IQB | Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen
DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation
WZB | Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

Teilen Sie auf unserer digitalen Pinnwand Ihre Informationen und weiterführenden Links zu LERN, zu den LERN-Instituten und zum #LERNBPF22!

ab 09:00 Uhr
Anmeldung

09:30 Uhr
Begrüßung durch das Netzwerk

Prof. Dr. Marcus Hasselhorn
DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation und Vorsitzender der Sprecher*innengruppe des Leibniz-Forschungsnetzwerks Bildungspotenziale (LERN)

09:40 Uhr
Begrüßung durch die Politik

Prof. Dr. R. Alexander Lorz
Hessischer Kultusminister

und

Dr. Johanna Börsch-Supan
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Abteilungsleiterin Allgemeine und berufliche Bildung

09:55 Uhr
Einführung in die Thematik

Prof. Dr. Petra Stanat
IQB | Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, Wissenschaftliche Leiterin

10:10 Uhr
Keynote I

“Unverzichtbare Mindeststandards des Bildungsangebots” – die Herausforderung der Bildungsforschung durch das Bundesverfassungsgericht.

Prof. Dr. Heinz-Elmar Tenorth
Humboldt-Universität zu Berlin, Professor i. R. für Historische Erziehungswissenschaft

10:40 Uhr – Kaffeepause

11:00 Uhr – Parallele Foren I und II

FORUM I

Frühe Bildung

Prof. Dr. Simone Lehrl
Pädagogische Hochschule Weingarten, Leiterin der Studiengänge Elementarbildung (Kindheitspädagogik) und Early Childhood Studies

Hans-Jürgen Dunkl
Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, stellvertretender Leiter der Abteilung Familienpolitik, Frühkindliche Förderung, Kinder und Jugendhilfe und Leiter des Referats Tagesbetreuung

Stefan Spieker
FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH, Geschäftsführer

Leitung: Prof. Dr. Susanne Kuger
Deutsches Jugendinstitut e. V. (DJI), Abteilungsleiterin des Zentrums für Dauerbeobachtung und Methoden

Graphic Recording: Jens Nordmann


FORUM II

Primarbereich

Regina Schäfer
Kultusministerkonferenz der Länder (KMK), Vorsitzende des Schulausschusses

Prof. Dr. Astrid Rank
Universität Regensburg, Professorin für Grundschulpädagogik

Prof. Dr. Hedwig Gasteiger
Universität Osnabrück, Professorin für Mathematikdidaktik

Torben von Seeler
Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH), Landesfachberater für Mathematik

Leitung: Prof. Dr. Thilo Kleickmann
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Leitung der Abteilung Schulpädagogik

Graphic Recording: Franziska Schwarz

12:15 Uhr – Mittagspause

13:15 Uhr

Keynote II

Mindeststandards – ein Konzept für die frühe Bildung?

Prof. Dr. Yvonne Anders
Otto-Friedrich Universität Bamberg, Professorin für Frühkindliche Bildung und Erziehung


13:45 Uhr – Parallele Foren III, IV & V

FORUM III

Mindeststandards – (k)ein Thema für die berufliche Bildung?

Prof. Dr. Susan Seeber
Georg-August-Universität Göttingen, Professorin für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung

Prof. Dr. Birgit Ziegler
Technische Universität Darmstadt, Professorin für Berufspädagogik und Berufsbildungsforschung

Klaus Lorenz
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg, Leiter der Abteilung Berufliche Schulen, frühkindliche Bildung und Weiterbildung

Leitung: Prof. Dr. Josef Schrader
DIE | Deutsches Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e. V., Wissenschaftlicher Direktor

Graphic Recording: Jens Nordmann


FORUM IV

Allgemeine Hochschulreife / Studierfähigkeit

Prof. Dr. Stefanie Rach
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Professorin für Didaktik der Mathematik

Dr. Bernd Grave
Kultusministerium des Landes Niedersachsen, Mitarbeiter im Referat für Gymnasien und Gesamtschulen

Dr. Maike Abshagen
Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH), Leiterin der Abteilung Ausbildung und Qualifizierung

Leitung: Prof. Dr. Aiso Heinze
IPN | Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, Direktor der Abteilung Didaktik der Mathematik

Graphic Recording: Franziska Schwarz


FORUM V

Digitale Kompetenzen uploaded – Ziel- und Zukunftsperspektiven im multiperspektivischen Diskurs

Prof. Dr. Birgit Eickelmann
Universität Paderborn, Professorin für Schulpädagogik

Dr. Tanja Reinlein
Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, Leiterin des Referats Lehren und Lernen in der digitalen Welt, Medienberatung, Lernmittel

Dr. Klaus Teichmann
Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL), Abteilungsleiter

Leitung: Prof. Dr. Ulrike Cress
IWM | Leibniz-Institut für Wissensmedien, Direktorin

Graphic Recording: Aleksandra Schreiber

15:00 Uhr – Kaffeepause

15:30 Uhr
BILDUNGSDIALOG

Können Mindeststandards
zur Weiterentwicklung von
Bildungsqualität und zu
mehr Bildungsgerechtigkeit
beitragen?

Dr. Dorit Stenke
Staatssekretärin im schleswig-holsteinischen Bildungsministerium; Vorsitzende der Amtschefskonferenz der KMK

Dr. Günter Klein
Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW), Direktor

Prof. Dr. Felicitas Thiel
Freie Universität Berlin, Professorin für Schulpädagogik und Schulentwicklungsforschung

Dr. Stefan Luther
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Leiter der Unterabteilung Allgemeine Bildung

Prof. Dr. C. Katharina Spieß
BiB | Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Direktorin

16:30 Uhr – Bilanz

Keynote I: “Unverzichtbare Mindeststandards des Bildungsangebots” – die Herausforderung der Bildungsforschung durch das Bundesverfassungsgericht

Prof. Dr. Elmar Tenorth
Humboldt-Universität zu Berlin

Das Bundesverfassungsgericht hat 2021 ein Grundrecht auf schulische Bildung beschlossen und dem Bildungssystem damit eine „Gewährleistungspflicht“ für „unverzichtbare Mindeststandards“ auferlegt, um die „Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit … durch schulische Bildung“ zu ermöglichen. Der Vortrag stellt diesen Beschluss in die Tradition der Rechtsprechung des BVerfG, erläutert die epochale historische Zäsur, die damit rechtlich, politisch und bildungssystemisch formuliert ist, und betont dann die offenen Fragen, die mit der Fixierung „unverzichtbarer Mindeststandards“ aufgeworfen sind. Es sind dann im Wesentlichen Fragen, die von der Bildungsforschung zu klären sind, gewichtige, auch für sie neue Fragen, schon weil sich die bisherige Praxis der Formulierung von Bildungsstandards und Mindeststandards vor diesem Hintergrund als unzureichend erweist.

Keynote II: Mindeststandards – ein Konzept für die frühe Bildung?

Prof. Dr. Yvonne Anders
Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Fast alle Kinder in Deutschland besuchen vor der Einschulung eine Kindertageseinrichtung (KiTa). Der Besuch einer KiTa kann sich positiv auf die kognitiv-sprachliche, mathematische und sozio-emotionale Entwicklung von Kindern auswirken. Dementsprechend werden auch große Bildungspotenziale gesehen, gerade mit Blick auf die Kompensation von frühen Nachteilen von Kindern, die in bildungsfernen Familien oder mit einer anderen Familiensprache als Deutsch aufwachsen. Lange Zeit wurde allerdings die Förderung akademischer, schulnaher Fähigkeiten vernachlässigt. Eine kind-orientierte und spielbasierte Pädagogik scheint im Widerspruch zum Konzept der Mindeststandards zu stehen. In dem Vortrag wird diskutiert, ob das Konzept von Mindeststandards einen förderlichen Beitrag zur Weiterentwicklung der frühen Bildung leisten kann. Im nächsten Schritt werden die institutionellen Voraussetzungen für eine hohe pädagogische Qualität erörtert. Die pädagogische Qualität gilt als Voraussetzung für positive Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung. Anhand verschiedener Beispiele wird das Konzept der Mindeststandards auf die pädagogische Qualität von KiTas übertragen und die systemischen Herausforderungen für die Annäherung an Standards diskutiert.

Forum I – Frühe Kindheit

Leitung: Dr. Susanne Kuger
Deutsches Jugendinstitut

Input: Prof. Dr. Simone Lehrl
Pädagogische Hochschule Weingarten

Input: Hans-Jürgen Dunkl
Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, Abteilungsleiter Kindertagesbetreuung

Input: Stefan Spieker
Fröbel e. V.

Ein Konsens zur Definition von Bildungsstandards in Deutschland existiert derzeit für die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) nicht. Das Feld ist geprägt durch ein breites Bildungsverständnis auf der einen Seite sowie hohem Engagement in der Sprachbildung und vielen Einzelinitiativen zur frühen Naturwissenschafts- oder Mathematikförderung auf der anderen Seite. Zugleich wird die Entwicklung der Kinder zwar flächendeckend erfasst, etwa durch Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt, Schuleingangsuntersuchungen, Entwicklungsdokumentationen und Sprachstandserhebungen. Allerdings sind die Ergebnisse weder zwischen den Bundesländern vergleichbar, noch aufeinander beziehbar oder für die weitere Bildungslaufbahn (oder gar die Forschung) nutzbar. Zudem sind soziale Ungleichheiten gleich an mehreren, sich für die Chancengleichheit kumulierenden Stellen zu beobachten. Die Forschung der letzten Jahre zeigt deutliche, mit Herkunftsmerkmalen assoziierte Ungleichheiten für die elterliche Nachfrage nach einem Betreuungsplatz (vor allem, aber nicht nur für Kinder im Alter unter drei Jahren), für die Realisierung eines vorhandenen Betreuungswunsches, für die im Kindergarten vorgefundene Qualität sowie auch für die zum Zeitpunkt der Einschulung erreichten Entwicklungs- und v.a. Kompetenzstände. Erste Befunde deuten darauf hin, dass diese Effekte durch die Coronapandemie noch einmal verstärkt wurden. Auch angesichts der großen bundeslandspezifischen Unterschiede schon in der Ausgestaltung und zukünftigen Unterstützung von Rahmenbedingungen des pädagogischen Alltags stellt das Forum die Frage nach der Perspektive für die Entwicklung gemeinsamer Bildungsstandards sowie deren Potenziale im Abbau von Chancenungleichheiten.

Forum II – Primarbereich

Leitung: Prof. Dr. Thilo Kleickmann
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Die Grundschule ist für grundlegende Bildungsprozesse und damit auch für die anschließenden Bildungsprozesse in der Sekundarstufe von zentraler Bedeutung. Welche Vorteile versprechen Mindeststandards hier und welche (Weiter-)Entwicklungs- und auch Forschungsbedarfe in Bezug auf Mindeststandards sind in den Fächern Deutsch, Mathematik und Sachunterricht zu sehen? Wie kann schließlich dazu beigetragen werden, dass Mindeststandards auch durchgängig erreicht werden? Diese Fragen stehen im Zentrum von vier Impulsvorträgen:


Input 1: Welche Vorteile haben Mindeststandards für das Bildungssystem?

Regina Schäfer
Vorsitzende des Schulausschusses der Kultusministerkonferenz der Länder

In der Gesellschaft wird heute vielfach eine Verbesserung der Bildungsqualität gefordert. Dies geschieht unter der Annahme, dass Qualität anhand von Kriterien gut identifiziert werden kann und somit in pädagogischen Prozessen sowie im Unterricht feststellbar ist. Zudem wird davon ausgegangen, dass sich Qualitätssicherungsmaßnahmen zeitnah auf die Leistungen von Schülerinnen und Schülern auswirken. In diesem Kontext ist die Beantwortung nachfolgender Fragestellungen notwendig.

Wie kann möglichst effektiv eine hohe Bildungsqualität erreicht werden und woran ist messbar, ob die etablierten Maßnahmen zur Qualitätssicherung eine Verbesserung bewirken? Wie kann die Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern und Schulsystemen bis hin zu den Einzelschulen gewährleistet werden? Vorab definierte Bildungsstandards stellen u. a. Vergleichbarkeit her und helfen, die generierten Leistungsdaten (z.B. PISA, TIMSS, Bildungstrend) einzuordnen. Die Weiterentwicklung der Mindeststandards orientiert sich entsprechend der bildungspolitischen Schwerpunktsetzung an der sprachlichen und mathematischen Kompetenzentwicklung der Schülerinnen und Schüler. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es oft Zeit braucht, bis Qualitätssicherungsmaßnahmen eine nachhaltige Wirkung entfalten und in den Leistungsdaten der Schülerinnen und Schüler sichtbar werden.


Input 2: Mindeststandards in Sprache und Sachunterricht

Prof. Dr. Astrid Rank
Lehrstuhl für Grundschulpädagogik, Insititut für Bildungswissenschaft, Fakultät für Humanwissenschaften, Universität Regensburg

Mindeststandards benennen ein Minimum an Kompetenzen. Im Sinne eines Fundamentums könnten Basiskompetenzen definiert werden, die in einem Additum weitergeführt werden. Allerdings muss die Grundschule als Schule für alle Kinder auch Mindeststandards für Kinder mit eingeschränkten Zugängen definieren. Und es stellt sich die Frage, welche Konsequenzen ein Nicht-Erreichen nach sich zieht. Zudem vermittelt die Grundschule grundlegende Bildung. So muss geklärt werden, was als grundlegend gilt und wie Bildung definiert wird. Es besteht die Gefahr, dass eine Reduktion von Bildung auf messbare kognitive Kompetenzen vorgenommen und der Bildungsbegriff eingeschränkt wird.

Für das Fach Deutsch wurden 2004 Bildungsstandards von der KMK definiert. Gleichzeitig wurden die Vergleichsarbeiten VERA in der Grundschule eingeführt. Die Bildungsstandards für Deutsch haben dafür gesorgt, dass bestimmte Kompetenzbereiche fokussiert wurden. Sie haben durch die Outputorientierung mit der Überprüfung durch Vergleichsarbeiten eine höhere Verbindlichkeit erreicht.

Die Vorstellung von Standards ist der Logik von Schulfächern verhaftet. Vielleicht wäre eine überfachliche, vernetzte Vorstellung von Kompetenzen eine andere Ausgangsbasis zur Definition von Standards. Dies gilt auch für den Sachunterricht, für den es noch keine Bildungs- oder Mindeststandards gibt. Die Definition von Mindeststandards für alle Fächer, also auch für den Sachunterricht, könnte zur Sicherung von Bildungschancen beitragen, wenn für unterschiedliche Zugänge von Kindern Niveaus definiert würden, etwa für Kinder mit nichtdeutscher Erstsprache oder Kinder mit Förderbedarf, und man das Erreichen durch zusätzliche Unterstützung sicherstellt.


Input 3: Mathematische Basiskompetenzen empirisch fundieren, Bildungschancen sichern

Prof. Dr. Hedwig Gasteiger
Universität Osnabrück

Die Diskussion um Mindeststandards kann aus verschiedenen Perspektiven geführt werden. Aus bildungspolitischer Perspektive geht es darum, ein gewisses Minimum bzw. eine Stufe festzulegen, unter die „kein Lernender zurückfallen soll“ (Klieme et al., 2003, S. 27). Aus mathematikdidaktischer Sicht steht eine inhaltliche Beschreibung all jener Kompetenzen im Mittelpunkt, die vorliegen müssen, um fachlich anschlussfähig weiterlernen zu können. Dafür werden Begrifflichkeiten wie Basisstoff, Basiskompetenzen oder auch Verstehensgrundlagen verwendet. Während es für den Übergangsbereich Kindertagesstätte-Grundschule im arithmetischen Bereich bereits umfassende empirische Erkenntnisse zu Basiskompetenzen gibt, die auch in entsprechende Diagnose- und Förderkonzepten umgesetzt werden (könnten), gibt es für die Primarstufe und vor allem für Leitideen jenseits von Zahl und Operation noch deutlichen Forschungsbedarf, um entlang der fachlichen Progression die Grundlagen für anschlussfähiges Weiterlernen herauszuarbeiten. Der Impulsvortrag diskutiert an Beispielen, wie Basiskompetenzen empirisch fundiert werden können und welche Möglichkeiten es geben kann, auf dieser Grundlage Bildungschancen zu sichern.

Klieme et al. (2003). Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Eine Expertise. Bonn, Berlin: BMBF.


Input 4: Sicherung von Mindeststandards durch das Programm Mathe macht stark

Torben von Seeler
Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH)

Das Förderprogramm „Mathe macht stark – Grundschule”, das im Rahmen des Projektes „Niemanden zurücklassen“ 2013 entstanden ist, verfolgt das Ziel, Lernschwierigkeiten in Mathematik bereits im Anfangsunterricht zu erkennen, um dauerhaften Schwierigkeiten im Rechenlernprozess (Rechenschwäche) vorzubeugen. Dazu wurden vom Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) unter wissenschaftlicher Begleitung des Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) Materialien für Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler entwickelt.

Diese Materialien werden unterrichtsbegleitend zur Diagnose und Förderung eingesetzt. Für die Jahrgangsstufen 1/2 und 3/4 wurden zu zentralen Inhaltsbereichen diagnostische Aufgabenstellungen sowohl für die gesamte Lerngruppe (Klassenaufgabe) als auch für ein individual-diagnostisches Gespräch (Interview) entwickelt. Diese zweistufige Struktur ermöglicht ein Identifizieren von Lernschwierigkeiten in Bezug auf die einzelnen Inhaltsbereiche. Die Materialien für die Lehrkräfte geben detaillierte Hinweise auf die spezifische Förderung, die mit regulären Lernmaterialien wie auch mit den Förderformaten des Programms (Übungskartei) umgesetzt werden können. Die Materialien werden in Schleswig-Holstein an über 200 Schulen in unterschiedlichen Organisationsformen der Diagnose und Förderung eingesetzt. Die Evaluation der „Mathe macht stark“-Intervention für die Jahrgangsstufen 1/2 ergab – verglichen mit Gruppen, die diese Intervention nicht erhielten – signifikant positive Effekte auf die mathematische Lernentwicklung sowohl für die Risikoschülerinnen und -schüler als auch die gesamte Lerngruppe. Diese Effekte ließen sich auch noch ein Jahr nach der Teilnahme am Programm nachweisen.

Forum III – Mindeststandards (k)ein Thema für die berufliche Bildung

Leitung: Prof. Dr. Josef Schrader
DIE | Deutsches Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen

Input: Prof. Dr. Susan Seeber
Universität Göttingen

Input: Prof. Dr. Birgit Ziegler
TU Darmstadt

Input: Ministerialdirigent Klaus Lorenz
Leiter der Abteilung Berufliche Schulen, Frühkindliche Bildung

Bildungsstandards sind für allgemeinbildende Schulen seit Beginn der 2000er Jahre „beschlossene Sache“. Zugleich bietet der hohe Anteil von Schülerinnen und Schülern, deren Kompetenzen den Erwartungen nicht genügen, immer wieder Anlass für öffentliche Debatten darüber, was Schule mindestens leisten soll.

Vergleichbare Diskussionen kennt die berufliche Bildung nicht. Das mag daran liegen, dass es in der dualen Ausbildung bereits übergreifende Standard-Berufsbildpositionen (zu Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Umweltschutz usw.) gibt, zudem berufsspezifische Berufsbildpositionen und bundesweite Rahmenlehrpläne sowie standardisierte Anforderungen an Zwischen- oder Abschlussprüfungen. Vergleichbare Regelungen gibt es allerdings in der vollzeitschulischen Ausbildung zumeist nicht. Und erst recht fehlt es daran im Übergangssektor. Schließlich beobachten wir für die berufliche Bildung insgesamt eine sinkende Nachfrage nach Ausbildungsstellen, hohe Abbruchquoten mit teils problematischen Folgen sowie eine große Relevanz von Vorbildung und Migrationshintergrund für den Ausbildungszugang und -abschluss.

Vor diesem Hintergrund beschäftig sich Forum III mit der Frage, ob es nicht auch für die berufliche Bildung einen Bedarf an Mindeststandards gibt und wie diese durchgesetzt werden könnten, auch in Anbetracht des Übergangssektors, der sich auf einem jährlichen Plateau von ¼ Million Neuzugänge verfestigt hat. Dazu diskutieren die Professorinnen Susan Seeber und Birgit Ziegler, beide Mitglieder der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz, mit Klaus Lorenz, Leiter der Abteilung Berufliche Schulen, Frühkindliche Bildung und Weiterbildung, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg.

Forum IV – Allgemeine Hochschulreife/Studierfähigkeit

Leitung: Prof. Dr. Aiso Heinze
IPN | Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Input: Prof. Dr. Stefanie Rach
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Input: Dr. Bernd Grave
Niedersächsisches Kultusministerium

Input: Dr. Maike Abshagen
Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH)

Die Frage nach Mindeststandards für die allgemeine Hochschulreife – also für die Gruppe der leistungsstärkeren Schülerinnen und Schüler, die den höchsten Schulabschluss erreichen – mag zunächst überraschend klingen. Dennoch ist eine Betrachtung dieser Frage aus verschiedenen Perspektiven relevant, etwa wenn es um die in der gymnasialen Oberstufe mindestens zu erwerbenden fachbezogenen Kompetenzen geht, die für einen erfolgreichen Einstieg in ein Studium notwendig sind. In diesem Forum soll die Frage nach Mindeststandards für die allgemeine Hochschulreife vor allem aus dieser Perspektive des Übergangs in ein Hochschulstudium betrachtet werden. Hohe Abbruchquoten in vielen Studiengängen werden von Hochschulseite im Sinne von nicht erreichten fachbezogenen Mindeststandards in der Oberstufe interpretiert, wohingegen die Schulseite eher auf zu hohe Anforderungen zu Studienbeginn aufgrund einer fehlenden Anpassungsbereitschaft der Hochschullehrenden auf veränderte Unterrichtsinhalte der Schule verweisen. Im Forum soll diese Übergangsproblematik exemplarisch für den als kritisch eingeschätzten Bereich der mathematischen Kompetenzen für ein Studium betrachtet werden. Der Umgang damit wird auch im Sinne eines prototypischen Vorgehens für andere Domänen vorgestellt und diskutiert. Dazu werden aus der Perspektive der Wissenschaft Ansätze zur Erforschung von relevanten mathematischen Lernvoraussetzungen für das Studium berichtet. Aus der Perspektive der Bildungspraxis und der Bildungsadministration werden Maßnahmen vorgestellt, wie Aushandlungsprozesse der Institutionen Schule und Hochschule initiiert werden können, um sich der Idee von Mindeststandards zu mathematischen Kompetenzen für MINT-Studiengänge zu nähern.

Forum V – Digitale Kompetenzen uploaded Ziel- und Zukunftsperspektiven im multiperspektivischen Diskurs

Leitung: Prof. Dr. Ulrike Cress
IWM | Leibniz-Institut für Wissensmedien

Input: Prof. Dr. Birgit Eickelmann
Universität Paderborn

Input: Dr. Tanja Reinlein
Ministerium für Schule und Bildung NRW

Input: Dr. Klaus Teichmann
Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL)

Die Digitalisierung fordert von Schüler*innen und Lehrkräften neue Kompetenzen. Das 2016er KMK-Papier bildet in vielen Bundesländern die Grundlage für die Einarbeitung entsprechender Kompetenzen in schulische Lehrpläne und Curricula. Im 2021er Ergänzungspapier der KMK zum „Lehren und Lernen in der digitalen Welt“ wird herausgearbeitet, wie Digitalität auch Lehr- und Lernprozesse verändert.

In diesem Forum soll die Rolle von (Mindest-)Standards diskutiert werden. Welche Ziele sollen Schüler*innen durchgängig erreichen? Wie kann dies gewährleistet und gemessen werden? Welche Rolle spielen die Kompetenzen der Lehrenden, wie sie u.a. im 2021er KMK-Ergänzungspapier bundesländerübergreifend strategisch verankert wurden? Im Forum wird das Thema von drei Seiten beleuchtet: Eine Analyse aus der Wissenschaft über die Möglichkeiten und Grenzen von solchen Standards gibt Frau Prof. Dr. Eickelmann, Professorin für Schulpädagogik und Leiterin des Nationalen Forschungszentrums der IEA-Studie ICILS 2023.
Dr. Teichmann, Abteilungsleiter am Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) in Stuttgart, wird den Aspekt der Lehrerbildung beleuchten: Welche Anforderungen stellen sich hinsichtlich digitaler Kompetenzen für Lehrkräfte und wie können sie bei der Vermittlung solcher Kompetenzen unterstützt werden?
Mit Frau Dr. Reinlein, Leiterin des Referats Lehren und Lernen in der Digitalen Welt im Ministerium für Schule und Bildung in Nordrhein-Westfalen, wird die Perspektive der Bildungsadministration vertreten sein: Wie gehen die Bundesländer mit der Standardisierung um? Welche Wege werden bereits beschritten? Und: Welchen Arbeitsfeldern muss ggf. dabei auch bundesseitig begegnet werden?

Hinweise: Es liegen uns nicht zu allen Vorträgen Präsentationen vor. Mit Klick auf “Video” werden Sie zu YouTube weitergeleitet.

Begrüßung durch das Netzwerk
Prof. Dr. Marcus Hasselhorn

Begrüßung durch die Politik
Dr. Johanna Börsch-Supan

Einführung in die Thematik
Prof. Dr. Petra Stanat


Keynote I

Prof. Dr. Heinz-Elmar Tenorth

“Unverzichtbare Mindeststandards des Bildungsangebots” – die Herausforderung der Bildungsforschung durch das Bundesverfassungsgericht.


Keynote II

Prof. Dr. Yvonne Anders

Mindeststandards – ein Konzept für die frühe Bildung?



Forum I

Frühe Bildung

Graphic Recording zu Forum I

Forum II

Primarbereich

Graphic Recording zu Forum II

Forum III

Mindeststandards – (k)ein Thema für die berufliche Bildung?

Graphic Recording zu Forum III

Forum IV

Allgemeine Hochschulreife / Studierfähigkeit

Graphic Recording zu Forum IV

Forum V

Digitale Kompetenzen uploaded – Ziel- und Zukunftsperspektiven im multiperspektivischen Diskurs

Graphic Recording zu Forum V

Bildungsdialog

Können Mindeststandards
zur Weiterentwicklung von
Bildungsqualität und zu
mehr Bildungsgerechtigkeit
beitragen?


Lizenzen
Videoaufzeichnungen (Video): CC BY ND 3.0 DE
Präsentationen (PDF): Keine Open-Access-Lizenz.
Alle bereitgestellten Präsentationen sind urheberrechtlich geschützt. Sollten Sie Teile hiervon verwenden wollen, wenden Sie sich bitte an, sodass wir gegebenenfalls den Kontakt zum/r Urheber*in oder Nutzungsberechtigten herstellen können.

Im Rahmen des Digitaltags 2022 haben wir ein Quiz zu “Bildungsstandards der KMK – Was ist das eigentlich?” veröffentlicht. Testen Sie Ihr Wissen: Quiz zu “Bildungsstandards der KMK – Was ist das eigentlich?”. Disclaimer: Das Quiz ist leider aufgrund des Cyberangriffs am DIPF derzeit nicht zugänglich. Wir bitten dies zu entschuldigen.

LERN-Jahrestagung 2022 – Digitalisierungsschub

„Digitalisierungsschub in der Bildung: was kann Bildungsforschung dazu beitragen?”

Die interne Wissenschaftliche Jahrestagung 2022 fand als virtuelle Veranstaltung am 30. März statt und wurde vom DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation ausgerichtet.

Programmübersicht

CIDER Spring Workshop 2021

Der CIDER Spring Workshop fand vom 5.-7. Mai 2021 statt und wurde vom LIfBi I Leibniz Institut für Bildungsverläufe und dem CIDER Koordinationsteam organisiert. Aufgrund der COVID-19 Pandemie fand der Workshop als Online-Veranstaltung statt.

Geschlossenes Event – Teilnahme nur für CIDER Fellows.

CIDER-LERN Konferenz 2021

Die diesjährige CIDER-LERN Konferenz wurde vom DIW | Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (Berlin) und dem DZHW | Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung und dem CIDER Koordinationsteam organisiert und fand vom 07. 10 bis 08. 10. 2021 in der Leibniz Geschäftsstelle in Berlin statt.

Die Konferenz fokussierte die Themen frühe Bildung, Bildungsübergänge sowie höhere Bildung und konnte zur Freude aller Teilnehmenden in Präsenz durchgeführt werden. Neben Paper- und Posterpräsentationen konnten mit Ariel Kalil von der University of Chicago und Richard Arum von der University of California hochkarätige Gäste für Keynotes gewonnen werden. Zudem erhielten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich im Rahmen einer Plenumsdiskussion mit Vertreter*innen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Forschungsförderung der Europäischen Union und der Jacobs Stiftung zu Möglichkeiten der Forschungsförderung auszutauschen. Ein gemeinsames Abendessen während eines Dinner Cruise über die Berliner Spree rundete das Programm ab.

Das Programm der Konferenz finden Sie hier.

BPF 2021 – MINT-Bildung

„Innovation und Wohlstand durch MINT-Bildung”

Das Bildungspolitische Forum 2021 fand am Donnerstag, 28. Oktober 2021 als virtuelle Veranstaltung statt. Im Mittelpunkt standen Innovation und Wohlstand durch MINT. Deren Zusammenhang wurde aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und diskutiert.

Im Rahmen der Bildungsdialoge kooperierten wir auch in diesem Jahr wieder mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Moderiert wurde das Forum von Dr. Heike Schmoll (FAZ).

Inhaltlich verantwortliche Mitglieder des Leibniz-Forschungsnetzwerks Bildungspotenziale (LERN):

IPN | Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik
DZHW | Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung
LIfBi | Leibniz-Institut für Bildungsverläufe und der
Universität Luxemburg

10:00 Uhr
Begrüßung durch das Netzwerk


Prof. Dr. Marcus Hasselhorn
DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation und Vorsitzender der Sprechergruppe des Leibniz-Forschungsnetzwerks Bildungspotenziale (LERN)

10:10 Uhr
Begrüßung durch die Politik

Karin Prien
Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein

10:20 Uhr
Einführung in die Thematik und anschließender Diskussion

Prof. Dr. Olaf Köller
IPN | Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

11:00 Uhr – Kaffeepause

11:15 Uhr
BILDUNGSDIALOG

Mit MINT in die Zukunft: Der MINT-Aktionsplan des BMBF

Stattdessen dabei: MinDirig Dr. Dietrich Nelle
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Musste leider kurzfristig absagen: MinDir Matthias Graf von Kielmansegg
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Prof. Dr. Ilka Parchmann
IPN | Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Susanne Müller
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Abteilung Bildung

Rainer Schulz
Staatsrat der Behörde für Schule und Berufsbildung, Hamburg

Dr. Stephanie Kowitz-Harms
Leiterin der MINT-Vernetzungsstelle Deutschland

12:15 Uhr
Poster-Session

Dialog mit Posterpräsentierenden

12:45 Uhr – Mittagspause und Dialog mit den Posterpräsentierenden

13:45 Uhr – Parallele Foren I & II

FORUM I

Früh übt sich: MINT-Bildung im Elementar- und Primarbereich

Prof. Dr. Ulrich Trautwein
HIB | Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung und Eberhard Karls Universität Tübingen

Michael Fritz
Stiftung Haus der kleinen Forscher

Leitung: Prof. Dr. Yvonne Anders
Otto-Friedrich-Universität Bamberg


FORUM II

Hochschulische MINT-Bildung und die individuelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung

Dr. Frauke Peter
DZHW | Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung

Ingo Rauhut
Verein Deutscher Ingenieure e. V. (VDI)

Prof. Dr. Annekatrin Niebuhr
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und IAB | Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit

Leitung: Prof. Dr. Monika Jungbauer-Gans
DZHW | Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung

14:45 Uhr – Kaffeepause

15:15 Uhr – Parallele Foren III & IV

FORUM III

Den Mangel beheben: Mehr Menschen für MINT-Ausbildungsberufe gewinnen

Prof. Dr. Axel Plünnecke
Institut der deutschen Wirtschaft (IW), Leiter Kompetenzfeld Bildung, Innovation und Zuwanderung

Prof. Dr. Bettina Hannover
Freie Universität Berlin

Leitung: Prof. Dr. Silke Anger
IAB | Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit und Otto-Friedrich-Universität Bamberg


FORUM IV

Das I in MINT: Digitale Kompetenzen stärken

Prof. Dr. Birgit Eickelmann
Universität Paderborn

Dr. Dorit Stenke
Staatssekretärin für Bildung im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein

Leitung: Prof. Dr. Cordula Artelt
LIfBi | Leibniz-Institut für Bildungsverläufe

16:15 Uhr – Wrap-Up / Abschluss

Einführung in die Thematik

Prof. Dr. Olaf Köller
IPN | Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

MINT-Kompetenzen stellen ebenso wie sprachliche Kompetenzen in der Verkehrssprache Deutsch und in der Lingua Franca Englisch notwendige Voraussetzungen für erfolgreiche berufliche, soziale, kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe dar. Hohe MINT-Kompetenzen eröffnen jungen Menschen vielfältige Wege in die qualifizierte duale Ausbildung und in das Hochschulstudium. Gleichzeitig sind sie Voraussetzungen für wirtschaftlichen Wohlstand ganzer Nationen und tragen zur Sicherung der Wohlfahrtsleistungen in Industrienationen bei. Vor dem Hintergrund der besonderen Bedeutung von MINT-Kompetenzen für die individuelle und die gesellschaftliche Entwicklung ist es verblüffend, welche großen Probleme sich auf den unterschiedlichen Bildungsetappen zeigen. So sind es beispielsweise in TIMSS 2019 rund 25 Prozent der Kinder am Ende der 4. Jahrgangsstufe, deren mathematisch-naturwissenschaftliche Kompetenzen sehr niedrig ausfallen, in PISA 2018 sind es rund 20 Prozent der 15jährigen, die die sogenannte Risikogruppe bilden und es schwer haben, sich erfolgreich in die berufliche Erstausbildung einzufädeln. Im geplanten Vortrag sollen dementsprechend Probleme auf den unterschiedlichen Bildungsetappen angesprochen und mit ausgewählten Lösungsansätzen zu ihrer Beseitigung verknüpft werden.

Forum I – Früh übt sich: MINT-Bildungn im Elementar- und Primarbereich

Leitung: Prof. Dr. Yvonne Anders
Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Frühe MINT-Bildung in KiTa, Hort und Grundschule kann ein Schlüssel für Bildung für nachhaltige Entwicklung sein. Wie sehen MINT-Ansätze für das 21. Jahrhundert aus? Welchen Beitrag kann frühe MINT-Bildung zu Gendergerechtigkeit und Chancengerechtigkeit leisten? Und welche Herausforderungen stellen sich Forscher*innen, die die empirische Evidenz für qualitativ hochwertige MINT-Angebote schaffen wollen?

In dem Forum werden sowohl frühe, vorschulische Ansätze als auch schulische Ansätze vorgestellt und Forschungsbefunde diskutiert. Kernfragen stellen die Zielbestimmung, Operationalisierbarkeit, die Evidenzbasierung sowie die Verzahnung von KiTa, Schule, außerunterrichtlichen und außerschulischen Maßnahmen dar. Diese Themen werden in den aktuellen bildungspolitischen Diskurs, insbesondere den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule eingebettet.


Input 1

Prof. Dr. Ulrich Trautwein
HIB | Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung und Eberhard Karls Universität Tübingen

Das Angebot im Bereich der MINT-Förderung auch für Kinder im Grundschulbereich hat über die vergangenen Jahrzehnte stark zugenommen. Wie effektiv dieses Angebot ist, ist dagegen weitgehend unklar – die meisten Initiativen, Programme, curricularen Weiterentwicklungen u. ä. wurden nie mithilfe von belastbaren Untersuchungsdesigns auf ihre Förderwirkung untersucht. Dieser Forums-Beitrag zeigt, dass es auch anders geht. Vorgestellt wird das Programm der Hector Kinderakademien sowie seine wissenschaftliche Begleitung. Die Hector Kinderakademien in Baden-Württemberg bieten besonders begabten und hochbegabten Grundschulkindern zusätzlich zum regulären Schulunterricht ein für sie entwickeltes Förderprogramm an, das den Schwerpunkt im MINT-Bereich hat. Über 20.000 Grundschulkinder nehmen jährlich an den Kursangeboten an fast 70 Standorten teil. Die Hector Kinderakademien werden von der Hector Stiftung II finanziert, vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport unterstützt und vom Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung an der Universität Tübingen sowie vom DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation in Frankfurt wissenschaftlich begleitet. Der Beitrag beim Bildungspolitischen Forum stellt in aller Kürze zentrale Merkmale des Förderangebots der Hector Kinderakademien vor. Danach wird beschrieben, wie ein elementarer Bestandteil des Kursangebots, die sogenannten Hector Core Courses, auf wissenschaftlicher Basis entwickelt und in einem systematischen Evaluationsprozess auf seine Wirksamkeit hin überprüft wird. Der Beitrag schließt mit Empfehlungen für eine stärker wissenschaftsbasierte Förderagenda im MINT-Bereich.


Input 2

Michael Fritz
Stiftung Haus der kleinen Forscher

Die Welt unserer Kinder wird schneller anders und anders anders, als wir uns heute vorstellen können. Klimakrise, Digitalisierung oder die wachsende soziale Ungleichheit deuten schon jetzt auf eine Zukunft hin, in der die Kompetenz zum konstruktiven Umgang mit Veränderung zu den wichtigsten Fähigkeiten eines Menschen zählen wird. Die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ sieht frühe MINT-Bildung für nachhaltige Entwicklung als einen Schlüssel, um den Herausforderungen einer komplexen Welt erfolgreich begegnen zu können.

Die alltägliche Auseinandersetzung mit Natur und Technik fördert Neugier, Lern- und Denkfreude der Mädchen und Jungen und legt den Grundstein für einen reflektierten Umgang mit technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit ihren pädagogischen Fach- und Lehrkräften erleben die Kinder in Kita, Hort und Grundschule Spaß und Freude am Entdecken und Verstehen dieser Welt. Das “Haus der kleinen Forscher” unterstützt dabei, befördert eine fragend-forschende Haltung bei Kindern und gibt ihnen schon in jungen Jahren die Chance, eigene Talente und Potenziale in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (kurz: MINT) zu entdecken.

Kinder, die auf diese Art Bildungsprozesse aktiv mitgestalten, erleben sich als kompetent und selbstwirksam in ihrem Alltag. Beim forschenden Lernen können Kinder Problemlösekompetenzen entwickeln, eigene Antworten finden und Selbstvertrauen spüren (“Ich kann!”) – Erfahrungen und Fähigkeiten, die weit über die Kindheit hinaus für die Persönlichkeitsentwicklung und die spätere Berufsbiographie von Bedeutung sind.

Forum II – Hochschulische MINT-Bildung und die individuelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung

Leitung: Prof. Dr. Monika Junbauer-Gans
DZHW | Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung

Angesichts des Wandels beruflicher Tätigkeitsfelder und der Digitalisierung, die durch die Corona-Krise noch deutlich an Fahrt aufgenommen hat, gewinnt die Fortentwicklung ingenieurwissenschaftlicher und technischer Studiengänge an Hochschulen zunehmend an Bedeutung. Die Digitale Transformation ist bereits meist als strategisches Ziel durch die Hochschulen erkannt, aber noch nicht flächendeckend auf allen Hochschulebenen bzw. in allen Aufgabenfeldern implementiert. Hat die digitale Lehre in den vergangenen Semestern gezwungenermaßen einen Schub nach vorne gemacht, so gibt es dennoch Felder, in denen sich Handlungsbedarf andeutet. Ausbaufähig ist an vielen Hochschulen die Kooperation mit außerhochschulischen Partnern im Studium, z. B. mit Unternehmen. Auch der Umfang digitaler Inhalte in den Curricula durch die Integration überfachlicher Kompetenzen wie Data Literacy oder Kooperationsfähigkeit sollte erhöht werden. Die Bedeutung von hochschulischer MINT-Bildung für die individuelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung steht im Mittelpunkt dieses Forums. Ziel ist es, die Hochschul- und Regionalforschung mit Vertreter:innen der Praxis ins Gespräch zu bringen. Dazu wird es drei Impulsreferate geben, die die Diskussion im Forum eröffnen. Eingebracht werden aktuelle Ergebnisse aus der Hochschulforschung, die auf Absolventenstudien basieren und den Übergang mit MINT-Abschlüssen in den Arbeitsmarkt sowie den weiteren Karriereverlauf thematisieren. Aus regionalökonomischer Perspektive wird MINT als Motor für Innovation und regionale Entwicklung diskutiert und schließlich wird ein Industrievertreter Praxiserwartungen zum Kompetenzbedarf in diesem Bereich thematisieren.


Input 1

Dr. Frauke Peter
DZHW | Deutsches Zentrum für Hochschul‐ und Wissenschaftsforschung

Die Nachfrage nach hochqualifizierten Fachkräften ist anhaltend hoch und wird in der Zukunft nicht zuletzt durch den technologischen Wandel, zunehmender Digitalisierung und eines sich abzeichnenden Fachkräftemangels durch die Verrentung geburtenstarker Jahrgänge in Deutschland voraussichtlich weiter wachsen. In Berufen in den Bereichen Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaften und Technologie (MINT) werden bereits jetzt im Durchschnitt höhere Löhne als in Nicht‐MINT Bereichen erzielt. Trotz dieser Vorteile und Aussichten verzeichnen MINT‐Studiengänge (a) einen Rückgang in der Nachfrage und (b) weisen nach wie vor einen geringeren Frauenanteil auf. So ist der Anteil der Studierenden in den MINT‐Fächern in Deutschland von 39% in 2015 auf 36,6% in 2020 gesunken. Aus Sicht der empirischen Hochschulforschung bleibt die Analyse möglicher Gründe für oder gegen die Aufnahme und auch den Abschluss eines MINT‐Studienfachs weiterhin ein wichtiger Forschungsgegenstand. So findet eine Vielzahl von Studien, dass der Studienabbruch in den MINT‐Fächern überdurchschnittlich hoch ist, aber auch dass die Wahl der Studienfächer nach wie vor stark geschlechtsspezifisch geprägt ist. Vor diesem Hintergrund wird ein „Best of“ der Forschungsergebnisse aus dem DZHW und weiterer Analysen zu hochschulischer MINT‐Bildung und den Übergang in den Arbeitsmarkt vorgestellt. Darüber hinaus werden Studien über den Zugang zu MINT‐Studiengängen und methodische Ansätze erörtert, die es ermöglichen, die Auswirkungen auf die Einschreibung in MINT‐Studiengänge, den erfolgreichen Abschluss von MINT‐Studiengängen und die Erträge auf dem Arbeitsmarkt zu untersuchen.


Input 2

Ingo Rauhut
Verein Deutscher Ingenieure e.V. (VDI)

Wir befinden uns mitten in einem durch die digitale Transformation hervorgerufenen Strukturwandel, der die Art und Weise, wie Menschen leben, arbeiten und wirtschaften fundamental verändern wird. Deutschland verdankt seine im internationalen Vergleich herausragende Stellung als Technologie- und Produktionsstandort vor allem der Innovationskraft seiner Ingenieur*innen. Um diese Position weiterhin zu halten und auszubauen, müssen wir die sich aus der digitalen Transformation ergebenden neuen Anforderungen deutlich stärker in die ingenieurwissenschaftliche Ausbildung verankern.

Die Ingenieur*innenausbildung hinkt dem digitalen Fortschritt allerdings weiterhin hinterher. Damit angehende Ingenieur*innen fit für die Herausforderungen einer digitalisierten Lebens- und Arbeitswelt sind und diese entsprechend gestalten können,

  • braucht es mehr Personal in der Lehre, das die digitale Transformation mitträgt.
  • Die digitale Transformation muss sich darüber hinaus in den Curricula niederschlagen. Dazu braucht es agile, leicht anpassbare Studiengänge, die es ermöglichen, neue Themen rasch zu integrieren.
  • Last but not least müssen Hochschulen verstärkt mit Unternehmen in Fragen der digitalen Transformation kooperieren.

Es gibt bereits eine Vielzahl von hervorragenden Beispielen, u. a. die Etablierung von Lernfabriken an den Hochschulen. Für eine erfolgreichen Gestaltung der digitalen Transformation wird der Bedarf an MINT-Bildung in den kommenden Jahren noch rasant wachsen.


Input 3

Prof. Dr. Annekatrin Niebuhr
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und IAB | Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit

Innovationen sind von zentraler Bedeutung für das wirtschaftliche Wachstum und den Wohlstand in hochentwickelten wissensbasierten Volkswirtschaften. Entscheidend ist für Innovationen insbesondere das in Forschung und Entwicklung (FuE) tätige Personal. MINT-Arbeitskräfte arbeiten häufig in den FuE-Abteilungen von Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen an der Entwicklung von neuen Produkten und Produktionsprozessen. Sie beeinflussen aber auch wesentlich die Fähigkeit von Unternehmen und Regionen, neues technisches Wissen zu absorbieren und sind durch ihre Mobilität ein entscheidender Faktor für die Ausbreitung neuen Wissens.

Die Innovationsleistung von Regionen unterscheidet sich erheblich, da FuE-Aktivitäten räumlich sehr stark konzentriert sind. Vor allem in den großen Ballungsräumen ist der Beschäftigungsanteil der MINT-Arbeitskräfte in der Regel relativ hoch, während in peripher-ländlichen Regionen nur ein vergleichsweise geringer Anteil auf diese Gruppe entfällt. Im Hinblick auf die anstehenden Herausforderungen, etwa durch den Klimawandel, die Energiewende oder die Digitalisierung, sind die Regionen daher sehr unterschiedlich aufgestellt, denn im Zuge der anstehenden strukturellen Veränderungen wird die Bedeutung von Innovationen und damit der MINT-Beschäftigten aller Voraussicht nach weiter zunehmen.

Für die Fachkräftesicherung im MINT-Bereich sind lokale Hochschulen insbesondere an Standorten jenseits der großen Ballungsräume von erheblicher Bedeutung – nicht nur durch die Ausbildung von hochqualifizierten Fachkräften, sondern auch weil Hochschulen die Attraktivität von Regionen für Studierende und Absolvent*innen aus dem Ausland erhöhen. Für tertiäre Bildungsangebote in weniger verdichteten Regionen ist dabei wichtig, dass sich das Studienangebot an den Bedarfen und der Spezialisierung der Betriebe vor Ort orientiert.

Forum III – Den Mangel beheben: Mehr Menschen für MINT-Ausbildungsberufe gewinnen

Leitung: Prof. Dr. Silke Anger
IAB | Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit und Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Input: Prof. Dr. Axel Plünnecke
Institut der deutschen Wirtschaft (IW), Leiter Kompetenzfeld Bildung, Innovation und Zuwanderung

Input: Prof. Dr. Bettina Hannover
Freie Universität Berlin

Die grundlegenden Entwicklungen in unserer Wirtschaft und Gesellschaft führen zu einem weiter steigenden Ausbildungsbedarf an MINT-Arbeitskräften. Fortschreitende Technologien und insbesondere die Digitalisierung der Arbeitswelt führen zunehmend zur Automatisierung von Tätigkeiten und gleichzeitig zu einem Mehrbedarf an technisch und naturwissenschaftlich qualifizierten Menschen. Durch die Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und die folgende ökologische Transformation unserer Wirtschaft verändern sich die Berufswelt und mit ihr auch die Qualifikationsbedarfe der sogenannten grünen Berufe und Tätigkeiten, beispielsweise im Bereich der erneuerbare Energien. Auf der anderen Seite steht der Arbeitsmarkt durch den demografischen Wandel und insbesondere durch die alternde Erwerbsbevölkerung vor der Herausforderung, dass die bestehenden Qualifikationsbedarfe durch die geburtenschwächeren Jahrgänge der jüngeren Generationen abgedeckt werden müssen und zunehmende Engpässe bei MINT-Arbeitskräften entstehen.

Zugleich sind die Potenziale der MINT-Ausbildung bei jungen Menschen und insbesondere bei Frauen bei weitem nicht ausgeschöpft. So liegt der Frauenanteil in den meisten MINT-Studiengängen und -Ausbildungsgängen nach wie vor bei deutlich unter 50 Prozent. Hier gilt es, den Ursachen auf den Grund zu gehen und mögliche Handlungsansätze aufzeigen, um mehr junge Menschen und insbesondere junge Frauen für MINT-Berufe zu begeistern. Welches Bild machen sich junge Leute von den MINT-Berufen und wie beeinflusst dies ihre Interessen und ihre Berufswahlintention? Wie können wir dieses Bild verändern, so dass mehr junge Menschen in die MINT-Fächer streben? Die Stärkung von MINT-Bildung und klischeefreier Berufs- und Studienorientierung hat das Potenzial, das Angebot an MINT-Fachkräften zu erhöhen.

Forum IV – Das I in MINT: Digitale Kompetenzen stärken

Leitung: Prof. Dr. Cordula Artelt
LIfBi | Leibniz-Institut für Bildungsverläufe

Das I in MINT zu stärken ist eine Aufgabe mit vielen und unterschiedlichen Facetten. Welche Facetten und Ebenen sind dies genau und wie können und sollten digitalisierungsbezogene Fähigkeiten und Kompetenzen im schulischen Bildungsbereich aufgegriffen, gestärkt und gefördert werden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Forum auf der Grundlage zweier Vorträge aus den Bereichen Forschung und Administration. Die digitale Transformation erfordert grundlegende und fortgeschrittene digitalisierungsbezogene Fähigkeiten und Kompetenzen, deren grundständige Vermittlung eine zentrale schulische Bildungsaufgabe darstellt. Gleichzeitig ist das Spektrum der Kompetenzen, die im Zuge der digitalen Transformation benötigt werden, groß. Es umfasst neben technologiebasierten auch medien- und datenbezogene Kompetenzen und das Verständnis ihrer Wirkungen und Potenziale. Im Forum wird die Herausforderung und Notwendigkeit thematisiert, im schulischen Bildungsbereich Veränderungsprozesse zu gestalten, die sowohl die Inhalte als auch die Prozesskomponente des Lehrens und Lernens zu digitalisierungsbezogenen Kompetenzen betreffen und das Potenzial des Einsatzes digitaler Medien und Werkzeuge für fachliches und überfachliches Lernen nutzen. Zudem werfen wir einen Blick auf den Stand der Entwicklungen bezogen auf schulische Rahmenbedingungen und Aktivitäten zur Förderung der Kompetenzentwicklung von Lehrkräften in verschiedenen Phasen der Lehrkräftebildung der KMK bzw. der Länder. Die beiden Forenbeiträge bieten die Grundlage für die übergreifende Diskussion:

Input 1: Prof. Dr. Birgit Eickelmann
Universität Paderborn

Birgit Eickelmann gibt in ihrem Beitrag einen Input zum internationalen Diskurs zu digitalen Kompetenzen, denen im europäischen Kontext durch den im Herbst 2020 veröffentlichten europäischen Digital Education Action Plan (2021-2027) eine weiterentwickelte Relevanz in und nach der Pandemiezeit zugeschrieben wird. Hierzu nimmt sie neben dem im Rahmen der ICILS-Studie erfassten Teilbereich der „computer- und informationsbezogenen Kompetenzen“ auch den Kompetenzbereich ‚Computational Thinking‘ in den Blick, der in zahlreichen Staaten, u. a. in Österreich und der Schweiz bereits curricular verankert ist. Möglicherweise nicht zuletzt aufgrund fehlender Anbindungen im schulischen Bildungsbereich, zeigte sich, dass Deutschland im Rahmen der ICILS-2018-Studie in diesem Bereich, der sich u. a. auf den kompetenten Umgang mit Algorithmen und (informatischen) Modellierungen fokussiert, im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich abgeschnitten hatte mit hohen sozialbedingten Disparitäten sowie großen Kompetenzunterschieden zum Nachteil von Mädchen. Anknüpfend hieran soll zur Diskussion gestellt werden, wie der Bildungsbereich in Deutschland diese Entwicklungen, die im Rahmen der ICILS-2023-Studie weiterhin durch ein Monitoring begleitet werden, zukünftig aufgreifen kann und ob und in welcher Weise die durch das Kompetenzmodell der KMK-Strategie ‚Bildung in der digitalen Welt‘ (KMK, 2016) grundgelegten Facetten digitaler Kompetenzen zukunftsfähig zu erweitern sind.

Dabei wird gemeinsam zu diskutieren sein, welche (weiteren) Kompetenzen sich aktuell und zukünftig hinter dem „I“ in MINT verbergen, die in Deutschland bisher nicht oder erst in Ansätzen Eingang in den schulischen Bildungsbereich gefunden haben und sich in den Kompetenzbereichen digital literacy, und damit u. a. dem Erkennen von Fehlinformationen, neuen Aspekten der informatischen Bildung sowie Fähigkeiten und Verständnis von datenintensiven Technologien, wie z. B. künstlicher Intelligenz, widerspiegeln.

Input 1: Dr. Dorit Stenke
Staatssekretärin für Bildung im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein

Dorit Stenke erweitert diese Perspektive zur Stärkung des „I“ in MINT um einen Blick auf die weiterentwickelten KMK-Strategien und ihre vielfältigen Umsetzungen in den Ländern sowie um ländergemeinsame und länderspezifische Entwicklungen insbesondere in den Bereichen der Lehrkräftebildung in allen drei Phasen und um alle Aspekte des Lehrens und Lernens in der digitalen Welt. Die Unterstützung von Lernprozessen, die Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität und die Befähigung aller Schülerinnen und Schüler zu einer erfolgreichen Teilhabe und Mitgestaltung einer zunehmend digitalen Welt stehen dabei im Mittelpunkt. Alle Fächer und die dazu gehörigen Fachdidaktiken verändern sich aufgrund der Digitalität, aber auch die Diskussion um ein verpflichtendes Fach Informatik nimmt breiten Raum ein. Konzepte für die Fort- und Weiterbildung werden zunehmend länderübergreifend entwickelt und auf den Weg gebracht. Außerdem verändert sich die Kooperation von Schulen, Landesinstituten und lehrkräftebildenden Hochschulen. Auch die Qualifizierung der Schulleitungen für das Führen einer zunehmend digitalisierten Schule und der Gestaltung von Schulentwicklungsprozessen schlägt sich in den konzeptionellen Überlegungen nieder. Derzeit lösen sich die Debatten von den reinen Ausstattungsfragen und die Aspekte einer langfristigen Finanzierung der Bildungsdigitalisierung vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bund, Ländern und Kommunen geraten in den Fokus.

Hinweise: Es liegen uns nicht zu allen Vorträgen Präsentationen vor. Mit Klick auf “Video” werden Sie zu YouTube weitergeleitet.

Begrüßung durch das Netzwerk
Begrüßung durch die Politik
Einführung in die Thematik

Prof. Dr. Olaf Köller

Bildungsdialog


Forum I

Früh übt sich: MINT-Bildung im Elementar- und Primarbereich


Forum II

Hochschulische MINT-Bildung und die individuelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung


Forum III

Den Mangel beheben: Mehr Menschen für MINT-Ausbildungsberufe gewinnen


Forum IV

Das I in MINT: Digitale Kompetenzen stärken


Abschluss


Lizenzen
Videoaufzeichnungen (Video): CC BY ND 3.0 DE
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#MINTmagie
Juliane Abdeen (BMBF)

Vermuten, überprüfen, schlussfolgern. Welche Lernumgebungen eignen sich für die Entwicklung eines ersten generalisierten Wissens über naturwissenschaftliche Denk-und Arbeitsweisen?
Henning Dominke (UHH), Jana Mohr (Grundschule Kronshagen), Daniel Schmerse (IPN) & Mirjam Steffensky (UHH)

Gender (In)Equality in German Engineering
Jennifer Dusdal (Universität Luxemburg) & Frank Fernandez (University of Florida)

BiSS-Transfer: Konzepte der Sprachbildung Wie steht es um den MINT-Nachwuchs?
Rebecca Ebner (acatech)

Weg von der Eintagsfliege – Ansätze einer systematischen MINT-Förderung von Jugendlichen
Christine Köhler (IPN), Carolin Enzingmüller (IPN) & Ilka Parchmann (IPN)

MINT Sells? Bildungserträge von MINT-Fächern
Jessica Ordemann (DZHW)

Promotionsbetreuung und Promotionserfolg: Die Rolle von Frauen in MINT
Ulrike Schwabe (DZHW)

Hands-on und minds-on – naturwissenschaftliche Denk- und Arbeitsweisen als Lerngegenstand in frühen naturwissenschaftlichen Bildungsangeboten
Alexa Treusch (UHH), Katharina Junge (IPN), Ilonca Hardy (Goethe-Universität), Henrik Saalbach (Universität Leipzig), Miriam Leuchter (Universität Landau) & Mirjam Steffensky (UHH)

Online-Plattform zur Professionalisierung des Umgangs mit Lernstörungen
Linda Visser (DIPF), Kathleen Thomas (DIPF), Katharina Grunwald (DIPF) & Marcus Hasselhorn (DIPF)

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Das Dossier „MINT-Bildung“ beim Deutschen Bildungsserver informiert rund um die zahlreichen Initativen und Projekte auf Bundes- und Länderebene zur Steigerung der Attraktivität von MINT-Fächern. Enthalten sind zudem unter anderem Themenseiten zur MINT-Bildung in unterschiedlichen Bildungsbereichen sowie zentrale Studien und Forschungsergebnisse, Programme sowie Fachbeiträge zum Thema.

Worum geht’s beim Bildungspolitischen Forum?

Prof. Dr. Marcus Hasselhorn
DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation und Vorsitzender der LERN-Sprechergruppe


Forum I -Früh übt sich: MINT-Bildung im Elementar- und Primarbereich

Prof. Dr. Olaf Köller
Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN)


Forum II – Hochschulische MINT-Bildung und die individuelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung

Prof. Dr. Monika Jungbauer-Gans
Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW)


FORUM III – Den Mangel beheben: Mehr Menschen für MINT-Ausbildungsberufe gewinnen

Prof. Dr. Justin J. W. Powell
Universität Luxemburg


FORUM IV – Das I in MINT: Digitale Kompetenzen stärken

Prof. Dr. Cordula Artelt
LIfBi – Leibniz-Institut für Bildungsverläufe